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Ohne Ochsentour

Der Exgewerkschafter Harald Schartau wird mit einem Traumergebnis neuer Landesvorsitzender der NRW-SPD

KÖLN taz ■ Seinen Aufstieg als rasant zu bezeichnen, dürfte noch untertrieben sein. Ohne je zuvorein Parteiamt innegehabt zu haben, wurde Harald Schartau am Samstag mit einem SED-Traumergebnis von 97,2 Prozent der Stimmen zum Landesvorsitzenden der nordrhein-westfälischen SPD gewählt – das gab es noch nie in der verstaubten Partei, in der sonst keiner eine Chance hat, der nicht die komplette Ochsentour ab Ortsverein mitgemacht hat.

Seinen Einstieg in die „richtige“ Politik hatte der 48-jährige gelernte Chemielaborant und diplomierte Betriebswirt erst vor eineinhalb Jahren. Nach der Landtagswahl 2000 holte Ministerpräsident Wolfgang Clement den gebürtigen Duisburger als Sozial- und Arbeitsminister an seinen Kabinettstisch. Der Ministerposten war dabei nur die zweite Wahl für den damaligen Leiter des IG Metall-Bezirks Nordrhein-Westfalen. Lieber wäre er Nachfolger von IG Metall-Chef Klaus Zwickel geworden. Erst als sich diese Perspektive verflüchtigte, gab er dem Werben Clements nach.

Schartau, der immer noch den Charme eines Gewerkschaftsfunktionärs mittlerer Ebene verströmt und dessen rhetorische Fähigkeiten nicht übermäßig ausgeprägt sind, gilt nun als der neue Hoffnungsträger der bei den vergangenen Wahlen arg gebeutelten NRW-SPD. Von dem undogmatischen Pragmatiker, der bereits als möglicher Nachfolger Clements im Gespräch ist, wird nicht weniger erwartet, als dass er die Partei zu altem Selbstbewusstsein und alten absoluten Mehrheiten zurückführt. Der mit einer Sonderschullehrerin Verheiratete weiß, was auf ihn zukommt. Kurz vor dem Parteitag verkündete er, die Landespartei müsse aufpassen, „dass sie nicht filzig erscheint“. Das dürfte nicht einfach werden. PAB

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