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Fischzug gegen die Piraten

Die EU streitet heute in Brüssel über Fischfangquoten. Doch Gefahr für die Bestände kommt auch von Raubfischern unter Billigflagge. Denen will ein neues UN-Abkommen das Handwerk legen: In Zukunft sollen Kontrollen auf hoher See möglich sein

von BERNHARD PÖTTER

Die Wilderei auf den Weltmeeren soll in Zukunft wesentlich erschwert werden: Schiffe, die unter Billigflagge die Meere leerfischen, können nun auch von Booten unter anderer Flagge aufgebracht und durchsucht werden. Das sieht ein UN-Seerechts-Abkommen über die Bewirtschaftung von Hochseefischen vor, das letzte Woche in Kraft trat und die heutige Debatte der EU-Fischereiminister in Brüssel über Fangquoten betrifft. Demnach können Kontrollschiffe von Ländern, die sich etwa auf Regeln für den Thunfischfang vor Afrika (Iccat) geeinigt haben, nun überwachen, ob sich alle Schiffe in der Gegend an die vereinbarten Quoten halten. Das Abkommen wird von Umweltschützern als „großer Schritt nach vorn“ bezeichnet, hat aber einen Mangel: Es bindet nur Unterzeichnerstaaten. Und die EU hat das Abkommen noch nicht ratifiziert.

Dabei schimpft EU-Agrarkommissar Franz Fischler ganz besonders über diese „Plage der Ozeane“. Auch Fischereipolitiker und Umweltschützer schlagen Alarm: In den Weltmeeren geht die Anzahl der bejagten Fische seit Jahren drastisch zurück. Die EU und andere Länder planen daher eine Reduzierung der Fangquoten und ein Abbau ihrer Flotten. Doch weil die Nachfrage nach Fisch besonders in Europa, Japan und den USA weiter hoch ist, weichen Unternehmer auf „Billigflaggen“ wie Belize, Honduras oder Zypern aus.

Von den rund 34.000 industriellen Fangschiffen weltweit seien „etwa 1.300 Piratenfischer“, sagt Ingo Bokermann von Greenpeace. Vor Westafrika etwa arbeiteten etwa die Hälfte der Fisch- und Kühlboote illegal. Immerhin wird der größte Teil der Fische in der Nähe von Küsten gefangen. Greenpeace fordert, die EU-Häfen für Fischflotten aus diesen Billigländern zu sperren und das „Ausflaggen“ zu verbieten.

Als zumindest kurzfristig wirksam hat sich nach einem Report der grünen Abgeordneten Patricia McKenna an das europäische Parlament der Boykott der Billigflaggenländer bewährt. So seien in letzter Zeit Belize, Äquatorialafrika, Honduras, Kambodscha und St. Vincent und die Grenadinen auf den Index gekommen. Doch für die WTO gilt dieses Mittel als Handelshindernis. So mussten etwa die USA auf WTO-Druck einen Boykott von Fischprodukten zurücknehmen, die aus nicht umweltverträglichem Fang stammten.

Bisher waren die Maßnahmen gegen die Raubfischer nicht besonders effektiv, heißt es aus dem Bundesverbraucherministerium. Im letzten Jahr etwa rief die UNO-Ernährungsorganisation FAO ihre Mitglieder auf, ihre Schiffe zu kontrollieren, Häfen zu überwachen und Einfuhren zu begrenzen. Die Maßnahmen waren durchaus sinnvoll – aber die Beteiligung rein freiwillig.

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