: Noch ein Wahlbetrug
Der Universität Hamburg werden ihre Sparschulden doch nicht erlassen. Uni-Präsident Jürgen Lüthje ist „ernüchtert“ ■ Von Kaija Kutter
Der Koalitionsvertrag des CDU/FDP/Schill-Senats ist sein Papier nicht wert. Zu den von der neuen Regierung Enttäuschten gesellen sich nun auch noch die Hamburger Hochschulen. Der Satz auf Seite 8 des Vertrages: „Die Sparauflagen für Hochschulen werden aufgehoben. Eine Behebung der Unterfinanzierung wird angestrebt“, ist seit Bekanntwerden des Haushalts 2002 Makulatur. „Keine Behörde wird aus Sparverpflichtungen entlassen, außer der Justiz“, hatte Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) am Dienstag unmissverständlich erklärt.
Das ist besonders bitter für die Hamburger Universität, deren prekäre Lage erst kürzlich im Zusammenhang mit der Lehrerausbildung deutlich wurde. Weil im kommenden Jahrzehnt LehrerInnen dringend gebraucht werden, hatte man im Wintersemester probeweise den NC fallen gelassen. Dem Ansturm von 1000 StudienanfängerInnen wird der Fachbereich nur mit einem Notprogramm gerecht. Im nächs-ten Semester soll es deshalb nur 200 AnfängerInnen geben. „Wir wollen nicht 120 Studierende in eine Veranstaltung zwängen“, sagt Uni-Vize-Präsident Holger Weidner. „Für zusätzliche Lehrkapazität brauchen wir ein Aufbauprogramm von 4 bis 6 Millionen Mark.“
Doch das Gegenteil ist nun geplant. Zwar hat die Uni nach sieben Jahren Sparprogramm bereits 15 Prozent Sach- und Personalmittel abgebaut. Doch weil die Stellen nicht so schnell frei wurden, bleibt noch eine „Sparschuld“ von 10 Millionen Mark übrig. Hinzu kommt nochmal eine „Unterfinanzierung“ von 15 Millionen Mark, in deren Rahmen Stellen vakant gehalten werden müssen. Auch andere Hochschulen haben „Sparschulden“ übrig. Die gesamte Restrate sollte entfallen, hatten die Koalitionäre noch im Oktober verkündet und dabei die Summe von 32 Millionen Mark genannt.
Geblieben ist von diesem Versprechen, mit dem die CDU auch kräftig Wahlkampf gemacht hatte – so wurde dies in den Wahlprüfsteinen des Asta vermerkt –, ein mickriger Rest: Gerade mal drei Millionen Euro hat Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) bekommen, um die Ansprüche aller sieben Hochschulen zufrieden zu stellen und eine „Qualitätsoffensive“ zu starten. Davon ab gehen nochmal 1,4 Millionen Euro, die er in seinem Gesamtetat einsparen soll.
Der Senator selbst gibt sich unbeeindruckt. „Der Senat macht deutlich, dass die Qualitätssteigerung von Forschung und Lehre einer seiner politischen Schwerpunkte in dieser Legislaturperiode ist“, nimmt Dräger offiziell Stellung.
Universitäts-Präsident Jürgen Lütje zeigte sich „ernüchtert“ von den Haushaltsbeschlüssen. Es sei „nicht nachvollziehbar“, wie der Senat sich unter diesen Umständen eine Qualitätsoffensive vorstelle.
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