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Zertifikat für die Klospülung

■ „Faktor Mensch“ als Umweltschutz-Hindernis

Die Kaffeemaschine ist den ganzen Bürotag lang eingeschaltet, die Angestellten sitzen hemdsärmelig in bullernder Heizungsluft, und bei jeder Klospülung rauscht literweise reinstes Trinkwasser in die Kanalisation.

Alles längst Vergangenheit? Nö. Aber jetzt soll manches besser werden. „Bis Ende der Legislaturperiode wollen wir 50 Bremer Betriebe dazu gebracht haben, sich auf der Grundlage von Umweltmanagmentsystemen zertifizieren zu lassen“, verkündete Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD) jetzt.

Bei dem EU-Zertifikat geht es um eine umwelttechnische Betriebsprüfung. Die geht etwa so: Firma X sammelt erst mal Daten über den Ist-Zustand: „Wovon verbraucht die Firma welche Mengen?“ Danach wird ausgewertet: „Wo kann wie gespart werden?“ Anschließend steckt sich der Betrieb erreichbare Spar-Ziele. Überwacht wird der ganze Ablauf von einem unabhängigen Gutachter. Wichtig sei die Dokumentationspflicht, betont Bernd Jastorff, Umweltbeauftragter der Universität Bremen, „Das macht uns überprüfbar und damit angreifbar.“

Damit die Uni ihre Umwelt-Ziele erreicht, muss auch in den Köpfen was passieren: „Es gibt Professoren, die sich mit solchen Peanuts wie Umweltschutz nicht belasten wollen“, sagt Doris Sövegjarto-Wigbers. Sie ist für das Umweltmanagment-System der Uni zuständig. Der „Faktor Mensch“ als Umweltschutz-Hindernis existiere fast überall, vor allem dort, wo sich niemand persönlich verantwortlich fühle, bestätigt Jastorff. An der Uni gibt es einen Spar-Anreiz: Einen Teil des gesparten Geldes bekommen die Institute für die Forschung zurück.

Auch die Umweltbehörde steckt im Zertifizierungs-Prozess. „Wir können nicht Firmen dazu anhalten, ein Umwelt-Managment System einzuführen, ohne es selbst gemacht zu haben“, sagt Rita Kellner-Stoll von der Umweltbehörde. Wie sie ihre MitarbeiterInnen dazu bewegen soll, die Kaffeemaschine abzuschalten, muss sie aber noch herausfinden. „Ich kann ja keinen Erlass rausgeben, immer die Kaffeemaschine auszuschalten“, sagt sie. Das Problem: In der Behörde gibt es keinen Spar-Anreiz, wie an der Uni.

Firmen zum Zertifikat zu bewegen, dürfte jetzt leichter werden: Ein Betrieb kann bis zu 35.000 Mark Zuschuss für das Verfahren beantragen. Was einem Unternehmen das Zertifikat bringt? Kellner-Stoll sagt: „Einen Imagegewinn und langfristig Kosteneinsparungen“. Ulrike Bendrat

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