Der Terror und seine Folgen

■ Trauer, Toleranz und harte Zeiten für Muslime – und die vergebliche Hoffnung auf eine friedliche Antwort

Morgens um 10 Uhr fror das Leben für fünf Minuten ein, zur Trauerfeier auf den Rathausmarkt kamen 20.000 Menschen, SchülerInnen baten zum Schweigemarsch. Aber in die Trauer und Sprachlosigkeit der ersten Tage mischte sich sofort auch die Hoffnung auf eine friedliche Antwort, auf Mahnungen vor einer Eskalation der Gewalt – vergeblich, wie wir heute wissen.

Die Demonstrationen für den Frieden wurden noch notwendiger, als erste Spuren der Verdächtigen nach Hamburg führten. Muslime beeilten sich, die Terroranschläge von New York und Washington wieder und wieder zu verurteilen. Die Schura, ein Zusammenschluss muslimischer Gemeinden und Vereine in Hamburg, bat um Toleranz und darum, den interreligiösen Dialog nicht abzubrechen. Dabei wurde besonders die Toleranz der Muslime auf eine harte Probe gestellt: Muslimische Frauen wurden angepöbelt, eine berichtete, ihr sei in der U-Bahn das Kopftuch heruntergerissen worden, einem türkischen Kneipenbesitzer blieben die Gäste aus.

Sensible Zeiten: Aus lauter Takt hielten die Wahlkämpfer für einige Tage inne und versprachen einander, auch danach auf Grelles und Schrilles zu verzichten. Sie kündigten an, sofort ein Amerika-Haus einzurichten, sollten sie die Macht über die Hansestadt erringen. Bislang blieb es bei der Ankündigung. Ins Kreuzfeuer der Kritik geriet der Komponist Karlheinz Stockhausen, als er die Anschläge als „größtes Kunstwerk, das es je gegeben hat“ bezeichnete. Ob tatsächlich so gesagt oder missverstandend – alle seine Konzerte beim Musikfest, dessen Star er eigentlich sein sollte, wurden abgesagt. Wochen später bat der Weltkonzern EADS um Verständnis dafür, dass eine afghanische Schülerin das Werk nicht besuchen durfte. „Aus Sicherheitsgründen“, lautete die Begründung, die sich auch noch auf Angehörige 29 weiterer Nationen bezog.

Es gibt noch Demonstrationen für den Frieden, aber sie werden von Mal zu Mal kleiner. Als habe der Krieg mit den Menschen weniger zu tun als der 11. September.

san