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Die Dänen dürfen ihr Geld behalten

aus dem Brüsseler Underground DANIELA WEINGÄRTNER

Der Mann stand auf dem leeren Bahnsteig und schimpfte. Sah aber irgendwie nett aus. Ich fragte also, ob ich helfen könnte. „Was muss man eigentlich tun, um in dieser Stadt ein U-Bahn-Ticket zu kaufen?“, stieß er vorwurfsvoll hervor. Es war nicht nur der „Kässe-ausss-Tänemark-Akzent“ in seinem Englisch, sondern vor allem der kritische Blick auf alles Nichtdänische, der ihn sofort als Euroskeptiker auswies.

Ich mag die Dänen, auch wenn sie es mit ihrem Nationalstolz manchmal übertreiben. „Brüssel hat eines der besten Nahverkehrssysteme Europas“, erklärte ich ihm. „Sicher gibt es auch in Kopenhagen nicht an jeder U-Bahn-Station einen Ticketschalter.“ Er ignorierte den Einwand und erklärte mir stattdessen, warum er keinesfalls den Zug zum Flughafen verpassen dürfe: Heute Abend habe er den wichtigsten Termin überhaupt, die Weihnachtsfeier mit den Bürokollegen.

Inzwischen hatte ich den Fahrkartenautomaten gefunden. Leider akzeptierte er keine Scheine und der Bargeldschlitz war mit einem Plakat zugeklebt: „Dieser Apparat wird gerade auf Euro umgestellt.“ Triumphierend blickte ich meinen neuen Bekannten an: „Das hätte Ihnen nun wirklich auch in Kopenhagen passieren können. Irgendwann müssen die Automaten doch umgerüstet werden.“ Mitfühlend schüttelte der Däne den Kopf: „Nicht in Kopenhagen. Wir dürfen unser Geld behalten.“

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