: Der entflammbare Kontinent
Im Südosten Australiens kommen die verheerenden Feuersbrünste nicht zur Ruhe. Eine Armee aus 10.000 Feuerwehrleuten ist bereits im Einsatz
aus Sydney BORIS B. BEHRSING
Als die 30 Meter hohe Flammenwand auf die Ortschaft zuraste, wusste das Löschteam, dass die Häuser verloren waren. „Wir wären da fast hopsgegangen, denn das von starkem Wind getriebene Feuer hatte unseren einzigen Ausweg abgeschnitten“, berichtet der Team-Captain Mal Bonehill aus dem südaustralischen Barmera. „Wir waren von Rauch und Flammen umgeben und mussten uns unter ein Verdeck werfen. Als die Feuerfront über uns hinweggebraust war, standen wir auf und setzten den Kampf gegen das Feuer fort.“
Wie durch ein Wunder sind bisher keine Feuertoten gemeldet worden, obwohl mindestens ein Dutzend Feuerwehrleute wegen Rauchvergiftungen und Brandwunden behandelt werden mussten. Die sich jetzt schon seit elf Tagen entwickelnde Katastrophe hat bisher etwa 200 Häuser zerstört und 350.000 Hektar Buschland ausgebrannt. Die Farmer haben bisher 5.000 Schafe in den Flammen verloren. Zuletzt brannten in der Nacht zum Donnerstag im Feriengebiet Sussex Inlet südlich von Sydney 20 Häuser ab.
Es war erst 17 Uhr, aber so dunkel wie die Nacht, als die Bewohner von Sussex Inlet und Feriengäste evakuiert wurden. Zu hören war nur das Windgetöse und die Sirenen von Feuerwehr und Polizei. Viele Evakuierte verbrachten die Nacht am nahen pazifischen Strand unter freiem Himmel, andere wurden in Gemeinschaftshallen und Klubgebäuden untergebracht und verpflegt.
Die Versicherungsgesellschaften schätzten am Donnerstag den Gesamtschaden auf 70 Millionen Australische Dollar (fast 40 Millionen Euro). Bei Versichungsgesellschaften sind bereits mehr als 1.000 Forderungen nach Schadensersatz eingegangen. Allerdings wird davon ausgegangen, dass etwa 20 Prozent der Opfer nicht versichert sind, weil ihnen die Prämien zu hoch waren.
Trotz einer Besserung der bislang extrem ungünstigen Wetterverhältnisse brannten auch am Donnerstag die Buschfeuer auf einer etwa 100 Kilometer breiten Front weiter. An vielen Stellen flackert das Feuer immer von neuem auf. Da seien wieder Brandstifter am Werk, mutmaßt die Polizei. Überreste von Molotowcocktails seien an einigen Stellen gefunden worden, heißt es. Dagegen kann selbst sie inzwischen auf 10.000 Feuerwehrleute aus allen Teilen Australiens angewachsene Löscharmee nichts ausrichten: Die Evakuierung der Bewohner geht weiter.
Weitere Problemfeuer toben noch in den Blue Mountains im Westen von Sydney, wo offenbar ein Brandstifter auf einem Motorrad sein Unwesen treibt. In den nördlichen Vororten Sydneys kämpfen Bewohner und Feuerwehrleute Seite an Seite gegen die Flammen. Nach Schätzung leitender Feuerwehrleute wird es noch eine Woche dauern, bis alle Brände gelöscht sind.
Als „Held“ der Feuerbekämpfung hat sich ein Hubschrauber erwiesen – ein „Erickson Air Crane“, der große Wassermengen gezielt auf die Buschfeuer versprühen kann. Die Maschine war vom Nachbarstaat Victoria zur Verfügung gestellt worden und hatte die Regierungspolitiker so sehr begeistert, dass sie gleich mehrere beim amerikanischen Hersteller bestellten.
In den Blue Mountains kam es am Donnerstag zur dramatischen Rettung einer Löschmannschaft: Sie war einer durch starke Westwinde angefachten Feuerfront in den Weg geraten. Im letzten Augenblick wurden die mutigen Feuerwehrleute von einem Hubschrauber in die Luft gehoben und in Sicherheit gebracht. „Gegen solche Buschfeuer kann man am Boden nichts ausrichten“, erklärte Feuerwehrsprecher Cameron Wade. Einer der Geretteten erklärte: „Ich habe in meinem Leben schon viele Feuer bekämpft. Aber die hier sind die fürchterlichsten, die ich je erlebt habe.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen