FEUER UM SYDNEY: Heißer Kampf gegen Ökologen
Das moderne, positive Image, das sich die australische Metropole Sydney mit der erfolgreichen Durchführung der Olympischen Spiele 2000 erworben hat, löst sich gerade in Rauch auf. Durch die großen Buschfeuer, die die Stadt bedrohen, ist in Sydney die Luft plötzlich so verräuchert wie in Singapur oder Kuala Lumpur, wenn im benachbarten Indonesien mal wieder skrupellos und unkontrollierbar der Urwald abgefackelt wird, um dort Plantagen anzulegen. Doch während die Regierungen in Singapur und Kuala Lumpur für ihre schlechte Luft nichts können, sinkt Australien in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr auf Dritte-Welt-Niveau à la Indonesien, je länger die Flammen wüten.
kommentarvon SVEN HANSEN
Dabei sind Buschfeuer in Australien nicht ungewöhnlich. Nur ihr jetziges Ausmaß ist erschreckend. Als Sündenböcke müssen nun Brandstifter herhalten. Sie werden schon als „Verräter“ und „Öko-Terroristen“ beschimpft, an den Stammtischen werden härteste Strafen gefordert, die Zeitungen drucken die wüstesten Leserbriefe gegen die „Lucifers“ genannten Feuerteufel, und die Politiker sind froh, mit diesem Ventil von eigenen Versäumnissen abzulenken.
Zwar mag der eine oder andere der inzwischen Verhafteten wirklich gezündelt haben. Doch so große Feuer sind nicht das Werk von Brandstiftern. Ausgerechnet auf die Ökologen kommen nun schwere Zeiten zu: Sie müssen sich dagegen wehren, an der ganzen Misere schuld zu sein. Denn gerade die sich als fortschrittlich verstehende Mittelschicht hätte die Rodung von Unterhölzern, die zum Schutz vor Bränden taugt, aus falsch verstandener Naturliebe verhindert. Wo aber – gerade gegen die Proteste der Naturschützer – rabiat ausgeholzt wurde, seien auch die Buschfeuer ausgeblieben, triumphieren ihre Kritiker.
Schon länger dienten die Feuersbrünste weißen Rassisten als Vorwand für Angriffe gegen die australischen Ureinwohner. Die Aborigines, hetzen sie, hätten nur angeblich mit der Natur in Einklang gelebt; tatsächlich seien ihre traditionellen Feuer für die Ausrottung ganzer Tierarten verantwortlich gewesen und viel schädlicher für die Natur als das Verhalten weißer Siedler. Doch sie liegen falsch: Während die alsbald ergrünenden Brandrodungen der Aborigines schnell wieder voller Tiere waren, bleibt ein ständig gesäuberter „weißer“ Busch leer. Doch das letzte Wort im Zielkonflikt zwischen Ökologie und Feuerschutz sprechen vermutlich die Feuerversicherungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen