: Led Zeppelin voraus
■ Von der derb aufspielenden Metal-Band zu effektverhangenem Spacerock: „Cave In“ traten im Schlachthof ein großes Erbe an
Bevor „Cave In“ am Montag im Schlachthof ihr Set begannen, zupfte ihr Gitarrist Adam McGrath ein paar Takte Led Zeppelin vor sich hin. Kein Witz.
Zwar fingen „Cave In“ vor rund fünf Jahren als recht derb aufspielende Metalband an, bereits auf ihrem ersten Album (1998), hatten sie in ihren Sound bereits ausladende Strecken psychedelischen Rocks integriert. Zwei Jahre später waren beinahe sämtliche Spuren ihrer Anfänge verwischt. Mit „Jupiter“, ihrem zweiten und jüngsten Album, machten die allesamt in ihren frühen Zwanzigern befindlichen Musiker aus Boston vor einem Jahr von sich reden. In ihrer Heimat werden sie demnächst bei einer großen Plattenfirma veröffentlichen.
Die Resonanz in Bremen hielt sich dagegen in Grenzen. Ein knappes Hundert hatte sich im Magazinkeller eingefunden. Vor „Cave In“ war die Bonner Band „The Craving“ zu hören, die – unterstützt von einem jungen Mann, der die Lücken des sperrigen Craving-Noise-Rocks mit elektronischem Geräusch füllte – eine überzeugende Show boten.
Der geradlinige Sound, der unter Studiobedingungen bislang nur bedingt funktionierte, gewinnt auf der Bühne nicht nur aufgrund seiner Lautstärke deutlich. Dennoch waren die meisten offenbar gekommen, um „Cave In“ zu sehen, die derzeit zum ersten Mal in Europa unterwegs sind. Sie begannen ihr mit einer Dreiviertelstunde recht knappes Set mit Verve. Über dem enorm druckvollen Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug entfalteten sich effektverhangene, spacige Gitarrensounds und die Stimme von Steve Brodsky.
Eine Mischung, die nicht selten an die kanadische Band „Voivod“ erinnert, die Anfang der 90er Jahre einen ähnlich eleganten und komplexen, wenn auch deutlich ausgereifteren Space-Rock spielte. Bisweilen übertreibt es Brodsky mit dem Pathos, wie auch seine Band dazu neigt, die Stücke zu überladen. Wirklich gut sind „Cave In“ immer dann, wenn sie dynamische Spannungsbögen erzeugen, ihre beachtlichen technischen Fertigkeiten benutzen, um Atmosphären zu erzeugen.
Zurzeit wirken sie noch ein wenig zu verliebt in die Rasanz der eigenen Entwicklung, vom Schwermetall zu etwas ganz anderem, was ihnen nicht selten sogar Vergleiche mit den allerorts gelobten „Radiohead“ eintrug.
Es könnte dabei durchaus spannend bleiben, den Weg dieser Band zu verfolgen. Der Wille zu Größerem ist zweifelsohne vorhanden. In der Zugabe zitierten „Cave In“ aus Led Zeppelins Live-Album „The Song Remains The Same“, wobei sie „Dazed & Confused“ ausführlich umspielten. Nun käme es darauf an, mit den eigenen Pfunden effektiver zu wuchern. Dann könnte aus einer guten Band eine hervorragende werden. Andreas Schnell
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen