Hoch-Technologie: Masten ohne Ende
■ Beirat Mitte verweist die Standortfrage für UMTS-Sender an die Deputation
Nach dem Handyboom kommt jetzt die neue Mobilfunkgeneration UMTS – damit dürfte der Antennenwald über Deutschlands Dächern noch dichter werden – natürlich auch in Bremen. Ein rundes Dutzend neue Masten sind derzeit allein auf Häusern im Bereich des Beirats Mitte geplant. Bevor sie genehmigt werden, sollen die gesundheitlichen Auswirkungen jedes einzelnen Standorts geprüft werden.
Mit dieser Forderung hat der Beirat Mitte am Montagabend den schwarzen Peter der Standortfrage an die zuständige Deputation zurückgegeben. Eine pauschale Ablehnung aller neuen UMTS-Antennen fand jedoch keine Mehrheit. Noch bis Ende 2001 konnten Mobilfunkmasten in Bremen ohne jede Genehmigung der Stadt aufgestellt werden. Das berichtete Tom Lecke-Lopatta, der zuständige Mitarbeiter des Planungsamtes, dem Beirat. Grundlage war eine generelle Ausnahme von der Genehmigungspflicht für Antennen bis zu zehn Metern Höhe.
Musterprozesse gewonnen
Nachdem Bürgerinitiativen in einigen deutschen Gemeinden jedoch Musterprozesse gewonnen hatten, hat auch Bremen damit begonnen, Mobilfunkantennen in Wohngebieten einzeln zu genehmigen.
Es ist bislang noch ungeklärt, inwieweit die von den Handy-Masten ausgehenden Strahlen Gesundheits- oder Umweltauswirkungen verursachen. Genau das werde dabei aber nicht geprüft, erklärte Lecke-Lopatta. Praktisch gebe es für die Behörde ein strikte Genehmigungspflicht für die beantragten Masten. So habe es der Gesetzgeber gewollt.
„Theoretisch können die Mobilfunkbetreiber jeden Standort durchdrücken“, sagte der Stadtplaner. Da sie aber keine schlechte Presse wollten, seien sie im Einzelfall zu Kompromissen bereit. So solle der Blick auf historische Gebäude möglichst nicht durch Masten verunstaltet werden. Und auch auf den Dächern von Schulen und Kindergärten würden keine Antennen aufgestellt.
„Irrationale“ Sorgen
Eigentlich wäre das sogar im Sinne der Kinder, da die Antennen direkt nach unten gar keine Strahlung abgeben, meinte Tom Lecke-Lopatta. Die Sorgen der Eltern vor zu viel Strahlung seien deshalb zwar „irrational“, würden aber trotzdem ernst genommen, um Proteste zu vermeiden.
Auch eine Verlegung aller Masten aus den Wohngebieten in Freiflächen außerhalb der Stadt hält der Stadtplaner nicht für sinnvoll, da dann die abgestrahlte Leistung insgesamt höher sei als bei einem engen Netz kleinerer Antennen in der Nähe der Mobilfunknutzer.
Beiräte und Publikum waren sich am Ende einig, dass sie die gesundheitlichen Auswirkungen der Antennenwälder nicht beurteilen können. Und an der Grundsatzentscheidung für den Aufbau des UMTS-Netzes und Bremens Bereitschaft, dabei eine Vorreiterrolle zu spielen, werde man nichts ändern können. Doch zumindest für eine Information der Bevölkerung soll jetzt gesorgt werden. Im Februar steht das Thema auf der Tagesordnung des Beirats östliche Vorstadt, und dazu soll ein Experte eingeladen werden, der Auskunft über den Stand der Erkenntnisse zu möglichen Gesundheitsgefahren des Mobilfunks geben kann.
Als Beitrag zu dieser Diskussion, die in den nächsten Wochen alle Bremer Beiräte beschäftigen wird, hat auch das Gesundheitsamt unter dem Titel „Mobilfunksendeanlagen - ein gesundheitliches Risiko“ eine kostenlose 15-seitige Broschüre herausgegeben.
Dirk Asendorpf
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