: Wahlfälscher raus!
Massenproteste in Madagaskar gegen Wahlbetrug des Präsidenten. Beobachter bestätigen Sieg seines Gegners
BERLIN taz ■ 15.000 am Montag, 85.000 am Dienstag und über 120.000 gestern: Jeden Tag demonstrieren mehr Menschen auf dem zentralen Platz der Hauptstadt von Madagaskar.
Die Leute protestieren gegen das offizielle Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 16. Dezember, wonach Staatschef Didier Ratsiraka 40,61 Prozent errang und sein wichtigster Gegner, Marc Ravalomanana, 46,44 Prozent. Damit ist eine Stichwahl notwendig. Ravalomananas Unterstützer sind aber davon überzeugt, dass der Herausforderer eigentlich 52 bis 53 Prozent bekommen hat und damit keine Stichwahl mehr nötig ist. Sie fordern zwecks Überprüfung die Veröffentlichung der Ergebnisse aus jedem einzelnen Wahllokal – doch die werden unter Verschluss gehalten.
Die Proteste begannen am vergangenen Freitag in der madegassischen Hauptstadt Antananarivo. Dort ist der Oppositionsführer Ravalomanana Bürgermeister. Am Montag gingen Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen die Demonstranten vor; ein Baby starb später an den Folgen im Krankenhaus. Ab Dienstag hat sich der Staatsapparat nicht mehr blicken lassen, und die Aufmärsche im Stadtzentrum nehmen allmählich den Charakter eines Volksfestes an.
Ratsiraka scheint isoliert zu sein. Die Botschafter der wichtigsten Geberländer Madagaskars, dessen Regierung von Entwicklungshilfe abhängt, forderten am Dienstag die Vorlage eines Wahlergebnisses „auf der Grundlage der Erhebungen der Beobachter“. Und gestern verkündete der Dachverband der unabhängigen Wahlbeobachter, auf Grundlage der bisher unveröffentlichten Einzelergebnisse der Wahllokale habe Ravalomanana 50,49 Prozent der Stimmen erhalten, also den Sieg im ersten Durchgang, und Ratsiraka nur 37,68 Prozent.
Allerdings hatten die Beobachter die Zählung nach Auswertung von drei Vierteln der Wahllokale eingestellt. Die restlichen Ergebnisprotokolle, entschuldigten sie sich, seien „beim Kentern von Einbooten ins Wasser gefallen oder bei Unfällen von Buschtaxis zerstört“ worden. Eine endgültige Klärung könnte wohl erst eine Neuauszählung aller Stimmzettel verschaffen. Aber nach Oppositionsangaben hat die Armee die Wahlzettel beschlagnahmt und in einer Kaserne versteckt. D. J.
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