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Erste Fahrversuche schon mit siebzehn

Norddeutsches Modell: Führerschein früher, aber nur mit Beifahrer, ohne Alkohol und nicht schneller als 130 km/h

HAMBURG taz ■ Mit 17 im eigenen Auto durch die Stadt düsen. Dieser Traum vieler Jugendlicher soll nach den Vorstellungen norddeutscher Verkehrsexperten bald Wirklichkeit werden. Die kleine Einschränkung: Die Fahranfänger brauchen einen mindestens 25-jährigen Beifahrer, der seit mindestens fünf Jahren einen Führerschein hat.

„Begleitetes Fahren“ nennt sich der Modellversuch, dessen Eckpunkte die Verkehrsreferenten aus sieben Bundesländern in dieser Woche in Hamburg vorstellten. Dabei soll es Jugendlichen bereits mit 16,5 Jahren erlaubt sein, die Ausbildung in der Fahrschule zu beginnen. Nach bestandener Prüfung dürfen sie dann in Begleitung, unter Einhaltung einer Null-Promille-Grenze sowie einem Nachtfahrverbot am Wochenende und Feiertagen Fahrpraxis sammeln. Außerdem müsse die Begleitperson extra geschult werden. Als weitere Einschränkung werde über eine 130-km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung nachgedacht, sagte der Verkehrsreferent der Hamburger Innenbehörde, Rupert Schubert, der taz.

Den Hintergrund dieser Vorschläge bilden Forschungsergebnisse aus Schweden, wo „begleitetes Fahren“ zu einer 40-prozentigen Senkung der Unfallquote bei Fahranfängern geführt hat. Ein weiterer Grund, warum gerade jetzt über das „begleitete Fahren“ diskutiert wird, liegt in einem Vorschlag des Bundesverkehrsministeriums. Dort wurde vor kurzem ein Modell vorgestellt, das eine zweite freiwillige Ausbildungsphase für Fahranfänger vorsieht. Demnach soll die Probezeit um ein Jahr verkürzt werden, wenn die jungen Fahrer nach dem Führerscheinerwerb an einer Fortbildung in der Fahrschule teilnehmen. Von diesem Vorschlag halte er nichts, erklärte Referent Schubert. Vor allem die Verkürzung der Probezeit lehnt er ab. Bei solchen Maßnahmen sei keine Senkung des Unfallrisikos erkennbar.

Ganz anders sieht es da beim „begleiteten Fahren“ aus. Hier hat die Bundesanstalt für Straßenwesen erklärt, so Schubert, dass es durch ein solches Projekt ein großes Potenzial zur Verringerung der Unfallzahlen bei Fahranfängern gebe.

Ob sich der Vorschlag der Experten durchsetzt, vermochte Schubert nicht zu sagen. Geht es nach ihm, soll das Modellprojekt ab Herbst Realität werden. Vorher müsse man sich aber unter anderem mit den Verkehrsexperten aller Bundesländer zusammensetzen. Dabei könnte es durchaus auch zur Kombination der beiden Modellversuche kommen, wie der Sprecher des niedersächsischen Verkehrministeriums, Marco Althaus, glaubt.

Auch wenn der Modellversuch „begleitetes Fahren“ noch in weiter Ferne ist: Die Hamburger Fahrlehrer sind jetzt schon begeistert. „Ich finde das gut, weil die Jugendlichen auf diese Weise frühzeitig Fahrpraxis sammeln“, sagt Fahrlehrer Axel Petersen. Wichtig seien allerdings die Einschränkungen, vor allem das Nachtfahrverbot am Wochenende. Er hätte ein großes Problem damit, wenn Jugendliche im Alter von 17 Jahren hinterm Steuer in die Diskothek fahren.

Ebenfalls für den Vorschlag der Verkehrsreferenten ist Fahrlehrer Hans-Jürgen Brandt. „Den Führerschein für 17-Jährige finde ich gut.“ Allerdings sollte man seiner Meinung nach auf die Auflagen verzichten, weil man sie ohnehin nicht kontrollieren könne. Stattdessen, so Brandt, sollte man den Jugendlichen zutrauen, gleich mit dem Führerschein auf Probe zu fahren. CHRISTIAN JAKOB

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