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Kombilohn-Kosmetik

■ Wirtschaftsexperte Hickel: Kombilohn kann Arbeitsmarktprobleme nicht lösen

Der von der Bundesregierung geplante Kombilohn hat nach Ansicht des Bremer Wirtschaftswissenschaftlers Rudolf Hickel „allenfalls kosmetische Wirkung“. „Die Arbeitsmarktprobleme werden damit nicht gelöst“, sagte Hickel. „Statt Billigjobs zu subventionieren, ist es besser, qualifizierte Arbeitsplätze mit Lohnkostenzuschüssen zu unterstützen“, so der Leiter des Bremer Instituts Arbeit und Wirtschaft (IAW).

Hickel hält das Ziel von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für falsch, vor allem Langzeitarbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen: „Es gibt nur eine beschränkte Zahl von Langzeitarbeitslosen, für die dieses Modell in Frage kommt.“ Bei einem Versuch in Brandenburg hätten sich nur 40 Arbeitslose gemeldet. „Im Osten Deutschlands ist das Lohnniveau schon so niedrig, dass Billigjobs kaum möglich sind“, meint Hickel.

Für problematisch hält der Wirtschaftswissenschaftler das Vorhaben auch, weil es „ein gigantisches Subventionsprogramm wird.“ Das Geld fehle anschließend für sinnvolle Arbeitsmarktinstrumente wie beispielsweise Qualifizierungsprogramme. Ob Langzeitarbeitslose über den Kombilohn wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können, sei fraglich: „Wenn die Kombilohn-Förderung nach spätestens drei Jahren endet, haben viele immer noch keine dauerhafte Beschäftigung.“

„Wir haben ein gutes Instrumentarium zur Arbeitsmarktförderung, man muss es nur anwenden“, sagt der Wissenschaftler: „Lohnkostenzuschüsse zu neuen Dauerarbeitsplätzen sind viel wirkungsvoller.“ Der Kombilohn sei dagegen eine Einbahnstraße, auf der Mitnahmeeffekte drohten: „Wir sprechen vom Drehtüreffekt: Der Arbeitslose geht auf der einen Seite rein und auf der anderen wieder raus, ohne dass sich etwas geändert hat.“

Es sei zwar verständlich, dass Schröder kurz vor Erreichen der Zahl von vier Millionen Arbeitslosen schnell etwas tun wolle: „Aber er muss sich auch überlegen, was er tut.“ Der Kombilohn schaffe keine interessanten Arbeitsplätze. Hi-ckel: „Da werden höchstens Aushilfskellner oder Zeitungsausträger gefördert.“ dpa

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