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E-Mail ins Nirgendwo

Der deutsche Tennisprofi Thomas Haas übersteht bei den Australian Open locker Runde eins, Verbandspräsident Georg von Waldenfels droht ihm dennoch mit Rauswurf aus dem Davis-Cup-Team

aus Melbourne DORIS HENKEL

Dies ist die Geschichte einer E-Mail, die in den unendlichen Weiten des Internets verloren geht, eines armen Millionärs, der sich keinen Mann für die Muskeln leisten kann, von Drohungen, Missverständnissen und verletzten Eitelkeiten. Sie findet statt in Melbourne, München und anderswo, aber wenn sich das so anhört, als sei es eine Geschichte mit einem Hauch von internationalem Flair, so täuscht das gewaltig – sie ist höchst provinziell.

Bekanntlich hat sich Tennisprofi Tommy Haas, 23, in der vergangenen Woche mehrfach abfällig über die Funktionäre des Deutschen Tennis Bundes (DTB) geäußert, was sich in zwei Punkten zusammenfassen lässt: a) die Herrschaften hätten allesamt keine Ahnung, b) er sei noch nie von diesem Verband unterstützt worden. Die Vorwürfe wurden in Haas’ Lieblingszeitungen Bild und Bild am Sonntag am größten und am breitesten gedruckt, sodass sie der Präsident des DTB, Georg von Waldenfels, beim besten Willen nicht übersehen konnte.

Der fand, nun sei es genug, und er sprach: „Wenn er seine Beschimpfungen gegen den Verband nicht unterlässt, wird das Konsequenzen haben. Sein abfälliges Verhalten werde ich nicht mehr akzeptieren.“ Das habe er Haas in einer E-Mail mitgeteilt und nach Melbourne geschickt, und darin habe er ihm auch erneut ein persönliches Gespräch angeboten. Haas sagt, die E-Mail habe der Präsident wohl an die falsche Adresse geschickt – bei ihm sei jedenfalls nichts angekommen. Wenn die Nachricht aber zu bedeuten habe, dass er als Konsequenz aus dem Team rausfliegen solle, dann könne er nur darüber lachen. „Vielleicht bin ich ja der Erste, der aus dem Davis Cup rausgeschmissen wird“, sagt er, „da soll er sich mal anstrengen, der Herr von Waldenfels.“

Haas gibt zu, von der scharfen Reaktion des Präsidenten überrascht worden zu sein, meinte aber, so richtig interessiere ihn das jetzt alles nicht. Er sei in Melbourne, um Tennis zu spielen. Und was das betrifft, war alles in bester Ordnung am Dienstag. Haas spielte ordentlich bis gut gegen den Russen Andrej Stoliarow, gewann ziemlich flott 6:1, 6:3, 6:1 und trifft nun in Runde zwei auf Jean-François Bachelot, einen französischen Qualifikanten vom Weltranglisten-Platz 255. Der einzige andere deutsche Spieler, der auch in der zweiten Runde dabei sein wird, ist Rainer Schüttler, der sich das Leben selbst ein wenig schwer machte beim 2:6, 6:1, 4:6, 6:1, 6:4 gegen Paul-Henri Mathieu (Frankreich), aber dabei sowohl Ausdauer als auch die passende Einstellung bewies.

Was hält der nun von der ganzen Diskussion um Haas, um den DTB und um die eigene Position? „Was da nebenher läuft, stört schon“, sagt Schüttler, „das kann man manchmal nicht nachvollziehen. Über Tommys Forderung (Erstattung der Kosten für einen Physiotherapeuten; Anmerkung der Redaktion) kann man geteilter Meinung sein, aber ohne ihn wäre es im Davis Cup eng – egal, wer spielt.“ Was die eigenen Ansprüche auf einen Einsatz im Einzel betrifft, so ist die Lage ziemlich übersichtlich. Er rechne sich auf jeden Fall Chancen aus, sagt Schüttler, „wenn ich nicht gierig wäre zu spielen, dann wäre ich wohl der falsche Mann“.

Jener Mann, der darüber entscheiden wird, ist Michael Stich, und dessen Begeisterung über die neuesten Verstimmungen kann man sich leicht vorstellen. In der Sendung „Blickpunkt Sport“ des Bayerischen Fernsehens gab er sich betont diplomatisch und sprach ein Wort, das zu einem Präsidenten gepasst hätte: „Die Streitereien schaden dem Tennis. Das Sportliche muss im Vordergrund stehen.“ Damit ist diese Geschichte für heute erst mal beendet. Dass in den nächsten Tagen vielleicht noch ein paar schräge Sätze und Kapitel dazu kommen werden, ist nicht ganz auszuschließen. Solange Tommy Haas noch in Melbourne spielt, werden vielleicht weiter E-Mails im Internet auf Datenbahnen kreisen. Von Nord nach Süd ins Nirgendwo.¶

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