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Jung, Karriere, nicht im DGB

■ Mitgliederschwund: Nicht nur die Ver.dier wer'n immer trauriger: Nur noch 4 Prozent der Gewerkschaftler gehören zum Jugendbereich

Alt sind sie geworden, die Gewerkschaften. 150 Jahre mehr oder weniger. Und ihre Mitglieder sind mitgealtert. Jugend findet im DGB, bei ver.di oder den Metallern tatsächlich kaum noch statt. Nur etwa vier Prozent der Bremer Gewerkschafter sind 25 oder jünger. Bei der ohnehin rückläufigen Mitgliederentwicklung sind das wenig rosige Aussichten.

„Wir haben da sehr viel Nachholbedarf“, räumt Annette Düring vom DGB ein. „Wir müssen einfach mehr machen.“

Früher, als die Mitgliedschaft noch vom Vater auf den Sohn vererbt wurde, man jahrzehntelange Zugehörigkeit feierte, fragte man nicht „Warum“ oder „Wofür“. „Die Mitgliedschaft war wie das Zähneputzen. Es gehörte zum Leben dazu“, bestätigt Jochen Tholen vom Institut für Arbeit und Wirtschaft der Uni Bremen. Bei einer 60-Stunden-Woche und einer Woche Urlaub im Jahr sorgten allein schon die schlechten Arbeitsbedingungen für Nachwuchs in den Gewerkschaften.

Heute dagegen fragen junge Berufsanfänger unverblümt nach, was so eine Mitgliedschaft überhaupt noch bringt. „Was zählt ist vor allem schneller Service“, ist Dürings Erfahrung.

Für ihr Geld wollen die Metaller, die Lehrer, die Bauarbeiter auch was haben: Und gefragt ist statt Klassenkampf einfach nur die Rechtsberatung wegen Kündigungsschutz und dergleichen.

Die Jugend aber kratzt das Thema nicht. Vielleicht noch nicht, vermutet Tholen: „Wenn die jetzt 30-Jährigen erstmal 50 sind, dann gehen sie auch in die Gewerkschaft.“ Außer sie haben mit 50 einen Herzinfarkt oder Geld genug, mit ihrer Segelyacht um die Welt zu shippern. Alle anderen aber hätten dann wahrscheinlich gerne Bedarf an gewerkschaftlicher Unterstützung.

„Wir müssen uns aber auch mehr anbieten“, sagt Düring. Zielgruppengerecht arbeiten. Was so viel heißen soll, wie die Jugend nicht mit den dienstältesten Funktionären verschrecken. Außerdem müss-ten neue Bereiche wie die IT-Branche endlich erschlossen werden. „Da haben sich erst mit dem Einbruch der New Economy und der Angst um den Arbeitsplatz Betriebsräte gegründet“, sagt auch Tholen.

Doch die Jugendlosigkeit der Gewerkschaften ist nur ein Problem des immer gleichen Dilemmas, das die fortwährende Umstrukturierung von Arbeit und Gesellschaft hinterlässt. Ähnlich schwindend sind nämlich die Zahlen für die gesamte Mitgliederentwicklung in den DGB-Gewerkschaften.

Seit Jahren mehr Abgänge als Eintritte. Allein die Vulkan-Pleite sorgte für richtig tiefe Einschnitte in der DGB-Statistik. Seitdem dünnt sich der Mitgliederbestand gegen Ende eines jeden Jahres so um die 1.000 bis 2000 aus.

Was aber tun? Mitgliederkampagnen, sagt Düring. Mehr in Fußgängerzonen stehen, „damit sich nicht bei jedem Job-Wechsel die Fragen neu stellen.“

Die Fragen, ob man in der Gewerkschaft bleibt, was sie bringt, und ob es noch Sinn macht, wegen des neuen Jobs die Gewerkschaft zu wechseln. Aber wenn der Stamm an hauptamtlichen Mitarbeitern proportional zur Mitgliedzahl entschlackt werden muss, wird die Kampagnenfähigkeit für den DGB nicht leichter.

Das nächste Problem: Ehrenamtliche „Funktionäre“. Auch die fehlen. Aktive lassen sich wenn überhaupt nur für zeitlich begrenzte Projektarbeit finden, sonst wird es dünn. Früher gab es noch in jeder Gewerkschaft einen Ortsjugendausschuss und noch einen Kreisjugendausschuss. Heute können nur noch zwei Gewerkschaften so einen Ausschuss mit Funktionären bestücken.

„Einen Königsweg für die Probleme gibt es nicht“, sagt Tholen. Nur: In den 150 Jahren in denen es Gewerkschaften gibt, gab es laufend Veränderungen und Anpassungen. Irgendwie wird es schon weitergehen. Dorothee Krumpipe

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