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Siegesfeier ohne Sekt

Im fünften Wahlgang wurde Burkhard Kleinert (PDS) überraschend mit einer Stimme Mehrheit zum Bürgermeister von Pankow gewählt. Woher die entscheidende Stimme kam, bleibt ungewiss

von STEFAN ALBERTI

Rainer Barzel muss sich ähnlich gefühlt haben. Nichts war mit einem erfolgreichen Misstrauensvotum, nichts mit den fest versprochenen Stimmen, nichts mit dem Bundeskanzlerposten für den CDU-Mann. Der Klassiker für umgekippte Stimmen in geheimer Abstimmung, 30 Jahre alt, aber immer wieder gut. So auch am Mittwochabend in Pankow. Alex Lubawinski (SPD) ist als bisheriger Bezirksbürgermeister zwar ein paar Politetagen niedriger angesiedelt. Aber wie Barzel kann auch er jetzt nach der Stimme suchen, die ihn seinen Posten gekostet und Burkhard Kleinert (PDS) zum neuen Bezriksfürsten gemacht hat.

Zwar hatten PDS und Grüne den bisherigen Kultur- und Finanzstadtrat zwar schon vor Monaten nominiert, aber selbst in vier Wahlgängen hatte es nicht zu einer Mehrheit gereicht. Auch im fünften Anlauf hatte er eigentlich keine Mehrheit in der 55-köpfigen Bezirksverordnetenversammlung. Denn Christine Rabe (Grüne) hatte zuvor stets gegen Kleinert gestimmt und will das auch am Mittwoch so getan haben. Nicht aus persönlichen Gründen, sagt sie. Nur eine absolute PDS-Mehrheit im Bezirksamt wolle sie verhindern. Denn dort stehen der PDS nach der Oktoberwahl drei der sechs Stadträte zu. Und bei einem Patt entscheidet der Bürgermeister.

So fehlte eine Stimme zur absoluten Mehrheit, 27 zu 27 bei einer Enthaltung waren vorangegangene Abstimmungen ausgegangen – gespaltener Arsch heißt so etwas beim Doppelkopf. Notfalls werde gewählt, bis der Krankenwagen komme, wurde vom örtlichen PDS-Chef kolportiert.

28 BVV-Mitglieder hatten vor Weihnachten auf einer Liste gegen Kleinert unterschrieben. Das hätte reichen müsssen, um Lubawinski im Amt und Kleinert draußen zu halten. Reichte es aber nicht. Denn im fünften Wahlgang fanden sich plötzlich 28 Stimmen für Kleinert in der Urne. So überraschend, dass die PDS logistisch nicht vorbereitet war. Zwar waren die Genossen nach der Wahl in Feierlaune. Sekt aber war vorerst nicht zu sehen: „Den müssen wir erst noch holen.“ Unauffindbar blieb auch der geheime 28. Verordnete, der für den Sozialisten votierte.

Noch am Nachmittag war Kleinert nicht gerade optimistisch. „Wenn das heute nicht klappt, gibt es Beratungsbedarf“, sagte er im üblichen Politjargon für: Wir müssen uns dann was anderes überlegen. Viele Gespräche soll es gegeben haben, aber was den Ausgang angehe: Großes Fragezeichen.

Das wurde nun an die Sozialdemokraten weitergereicht. Krisensitzung mit Alex Lubawinski. Für ihn hatte der Abend schon ungemütlich begonnen. PDS und Grüne wollten ihm per Antrag eine so genannte Missbilligung anhängen, quasi ein Eintrag ins Klassenbuch der BVV, scheiterten aber an SPD, FDP und CDU. Auch hier konnte SPD-Frontmann Mindrup die nötigen 28 Stimmen zur Lubawinski-Verteidigung erst im vierten Anlauf organisieren.

Bürgermeister bleibt Lubawinski auch nach Kleinerts Wahl voraussichtlich noch bis Monatsende. Dann will die BVV die restlichen Führungsjobs im Bezirksamt neu besetzen. Laut Grünen-Fraktionschef Andreas Otto hat Kleinert zugesagt, mit seiner Stimme trotz zukünftiger PDS-Mehrheit in der Führungsriege keine BVV-Beschlüsse abzublocken.

Was Lubawinski, seit 1990 Stadtrat in Pankow und seit 2000 Chef im Bezirksamt, als 51-jähriger Exbürgermeister demnächst macht, will er sich noch überlegen. Er hatte angekündigt, nur für den Spitzenposten und nicht als Stadtrat zur Verfügung zu stehen. Dabei soll es bleiben. Auch sein Mandat als Bezirksverordneter wil er abgeben. Sichtlich angeschlagen hatte er nach Kleinerts Wahl den Rest der BVV-Sitzung über sich ergehen lassen: in sich zusammen gesunken, den Kopf auf die Hände gestützt, den Blick schier auf die Tischplatte fixiert.

Der 53-jährige Kleinert hingegen bekam das Lächeln kaum noch aus seinem Gesicht, reihte in einer kurzen Rede die Pflichtvokabeln von überparteilich, kollegial und konstruktiv auf und hörte ein paar Nettigkeit der unterlegenen Seite. Vielleicht musste er auch daran denken, dass sein Anlauf auf den Bürgermeisterjob schon seit 1995 dauert. Damals wollte er den Chefposten in Prenzlauer Berg. Stimmen hatte er in einem verworrenen Verfahren genug, aber nicht entsprechend der Wahlvorschriften, auf die die Senatsverwaltung pochte.

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