: Das Straßenbild
Die Reklamerezension. Heute: Berlin, ein wenig überall
Ach wie war’s zu Berlin doch ehedem mit den Heinzelmännchen von der Berliner Bankgesellschaft so bequem. Denn war man faul und legte sich hin auf sein Ohr und pflegte sich, dann kamen bei Nacht die Immobilien ganz sacht und taten, was sie dem Namen nach eigentlich eher selten tun: Sie wanderten. Von der einen Hand in die andere, warfen Gewinne ab – und alle waren’s zufrieden. Bis eines schönen Tages – nein, nicht die hyperneugierige Frau mit ihren Erbsen kam und alles verdarb, sondern bis sich nicht mehr verbergen ließ, dass auch flotte Amigogeschäfte seriös finanziert sein wollen, will man nicht am Ende auf einem Schuldenberg sitzen.
Genau da sitzt das Land Berlin nun und wird es auf absehbare Zeit auch weiter tun. Gott ja, was hilft das Jammern – wollen wir nicht lieber nach vorn sehen? Genau: Schnee von gestern. Wenn sich nur alle recht viel Mühe geben, dann wird’s schon langsam wieder. Wenn da nicht, ja wenn da nicht die wilden Töchterchen wären.
Gut, die ungeratenste, die Berlin Hyp, steht bis auf weiteres in der Ecke und schämt sich, aber jetzt scheinen zwei andere Töchter der Berliner Bankgesellschaft – die kreuzbrave Berliner Sparkasse und die Berliner Bank – übermütig zu werden und schon wieder Karneval feiern zu wollen.
Die Berliner Bank spuckt einmal kräftig in die Hände und kobert mit der Formel: „Wir wollen Sie begeistern!“Wie schön! Wir lassen uns gern begeistern von dynamischen, aber auch ein wenig soliden Ideen und Vorschlägen. Nicht aber von der BB-Idee des „Flexgeldes“. Kaum ist der Euro da, druckt die Berliner Bank Plakate mit einem Bündel Euros und jubelt über Flexgeld. Das haben wir auch schon mitbekommen, liebe Berliner Bank, dass unser Plus auf dem Konto nur noch halb so kräftig ist. Wir brauchen diesen Hohn nicht! Unser Geld ist genug geflext!
Und dann die Berliner Sparkasse! Klebt an die Eingangstüren launige Hinweiszettel, dass „Tauschgeschäfte“ bitte schön auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu tätigen seien. Ist der Ruf erst ruiniert … Wer denn, fragen wir, will mit dem Tausch Mark gegen Euro „Geschäfte“ machen? Ja, sind denn da überhaupt Geschäfte zu machen? Wir dachten, es gäbe feste Umrechnungswerte. Oder tauscht man auf der anderen Seite der Kochstraße womöglich günstiger? Also, wir meinen, ein Geldinstitut, dessen Angestellte bei hohen Einzahlbeträgen zum Telefon greifen und den Filialleiter herbeitelefonieren mit den spaßhaften Worten: „Herr XY, ick hätt da mal ’ne Jeldwäsche“, sollte mit dem Begriff „Geschäft“ ein wenig dezenter verfahren. RKR
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