Altbekanntes Lied für Kolumbianer

betr.: „Neue Hoffnung auf Dialog in Kolumbien“, taz vom 16. 1. 02

Seit drei Jahren versuchen beide Konfliktparteien eine Lösung für den Bürgerkrieg zu finden, der das Land über 38 Jahre heimsucht. Das Problem ist, dass die Kontrahenten unterschiedliche Vorstellungen über den Frieden haben.

Die Regierung versteht unter Frieden: den Erhalt der Privilegien der Bourgeoisie des Landes (3 % der Bevölkerung des Landes, die über 90 % der Reichtümer verfügt), die weitere Durchsetzung des neoliberalen Wirtschaftssystems (vor allem die aufgezwungenen Maßnahmen des IWF, die für die Armut von über 70 % der Bevölkerung verantwortlich sind), den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der internationalen Konzerne (insbesondere der USA) und den Erhalt der Missstände, unter denen die Mehrheit der Kolumbianer lebt (Armut, Arbeitslosigkeit, Verstoß gegen die Menschenrechte, Verschleppungen, Flucht, Gewalt, Massaker und politischer Mord). Die Farc wollen keinen Frieden ohne soziale Gerechtigkeit.

Selbst wenn die Konfliktparteien sich einigen würden, blieben erhebliche Hürden für den Frieden in Kolumbien: zunehmender Interventionismus der USA (siehe „Plan Colombia“ und die Kriegserklärung gegen den „Terror“ – damit wird die Bekämpfung und Ausrottung oppositioneller Gruppen alle Art gerechtfertigt), das Bündnis zwischen Militär und Paramilitär (das für die Mehrheit der Massaker und politische Gewalt verantwortlich ist) und die soziale Ungerechtigkeit (Kernursache der Armut und des Bürgerkrieges). Es wird nun über einen Waffenstillstand verhandelt, die Reformen lassen auf sich warten: ein für uns Kolumbianer altbekanntes Lied.

ADOLFO RAMÍREZ, Saarbrücken