Pommes von der Göttin

Heiß und nicht so fettig: Heinz Knickrehm betreibt auf Wochenmärkten einen Bio-Imbiss. Seine Würste qualmen besser als die der konventionellen Konkurrenz  ■ Von Gernot Knödler

An Heinz Knickrehm sieht man es gleich, dass mit diesem Imbiss etwas nicht stimmt. Der Mann mit dem glatten Gesicht und den hochgefönten grauen Haaren entspricht so gar nicht dem Wurstbrater-Klischee. Er wirkt entspannt und intellektuell. So einer überlegt sich was Besonderes, wenn er sich selbständig machen will. Mittwochs und samstags bereichert er mit seinem Bio-Imbiss den Öko-Wochenmarkt auf dem Ottenser Spritzenplatz, freitags den auf dem Winterhuder Marktplatz.

Winterhude, erzählt er, sei der Auslöser für die ganze Geschichte gewesen. Eine Freundin vermisste dort einen Öko-Imbiss und schlug Knickrehm vor, die Marktlücke zu schließen. „Meine erste Reaktion war: Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen“, erinnert er sich.

Zwar hatte der gelernte Elektro-Installateur nach 14 Arbeitsjahren in der EDV-Branche Lust, sich selbständig zu machen. Aber ausgerechnet mit einem Imbiss? Andererseits kaufte er seit Anfang der 80er Jahre selbst Öko-Lebensmittel. Im Frühjahr vergangenen Jahres schaute er sich daher die einschlägigen Wochenmärkte an und erkundete ihre Möglichkeiten. Dann tauschte er sein Privatauto in einen kleinen Bus um, kaufte einen Imbisswagen, im Juni legte er los.

Inzwischen ritzt er routiniert seine Bratwürste und sorgt gelassen dafür, dass stets die richtige Zahl von Würsten auf dem Grill liegt. Anders als solche aus der Friteuse werden Grillwürste trocken, wenn sie zu lange braten und müssen in den Müll. Dafür sind sie nicht so fettig, was für Ökowürste ganz besonders gilt: Weil sie weniger chemische Bindemittel und Nitritpökelsalz enthalten, lassen sie mehr Fett und Wasser beim Braten.

Das Fett, das nicht in den Mägen der Kundschaft landet, schlägt sich auf der Einrichtung nieder. Wegen der Sauerei hat sich Knickrehm extra einen neuen Grill zugelegt. Trotzdem dampft es mächtig. „Wenn ich die Kollegen sehe, bin ich manchmal neidisch“, gibt er zu. Jeden Montag verbringt er sechs bis sieben Stunden damit, den Wagen zu reinigen. Von einem Schmierfilm ist denn auch nichts zu sehen.

Im Angebot hat Knickrehm alles, was auch ein konventioneller Imbiss so bietet: Feine Bratwurst, Currywurst, Thüringer, Pommes, Kaffee und sogar Cola. Die Cola ist gewöhnungsbedürftig, dafür aber mit Honig gesüßt, mit Holundersaft gewürzt und so gesund wie eine Limonade eben sein kann. Auch Würste und Kaffee stammten bis auf die letzten Zutaten aus ökologischer Landwirtschaft, versichert der Chef. Auf den Getränkepackungen am Tresen lässt sich das überprüfen: Sie sind mit den Rücken zur Kundschaft aufgebaut, so dass die Zutatenliste zu lesen ist.

Die Bio-Qualität hat ihren Preis: Die Würste aus der Bude kosten um die 2,30 Euro, die Schale Demeter-Pommes 1,80 Euro. Letztere sind allerdings auch nicht gepresst, sondern aus ganzen Kartoffeln geschnitzt, außen kross und goldgelb. Die Würste sind unterdurchschnittlich salzig, trotzdem aromatisch, besonders die kräuter-gewürzten Lammwürste.

Die Brat-Zutaten sind zum Teil exorbitant teuer: für Mayonnaise und Fritierfett zahlt Knickrehm gut das Doppelte wie der Wirt einer konventionellen Imbissbude, selbst wenn dieser an der Qualität nicht spart, fürs ökologische Curry-Pulver gar das Siebenfache.

Das verteuert die Investiton in die Imbissbude und zögert den Zeitpunkt hinaus, zu dem sich Knickrehm in die schwarzen Zahlen gewirtschaftet haben wird. Doch der Jung-Unternehmer ist optimistisch: An guten Samstagen verkauft er inzwischen 200 Würste. Das ist zwar viel weniger, als in manch einem gut gehenden Normal-Imbiss über den Tresen geht, aber dafür fährt Knickrehm privat eben mit seinem Bus durch die Gegend, statt sich einen zweiten Wagen zu leisten.