zahl der woche
: Die Deutsche Telekom wollte Preise für SMS-Nachrichten anheben

Der Markt bremst den Riesen

Über 20 Milliarden SMS-Nachrichten versenden die Deutschen laut Untersuchungen jedes Jahr. Das freut die Orthopäden, die später einmal die Erkrankungen der viel strapazierten „Sims-Daumen“ behandeln dürfen. Das freut aber auch die Handy-Dienstleister, weil damit inzwischen ein nettes Zubrot verdient wird. Ursprünglich glaubte ja keiner daran, dass irgendjemand umständlich per Daumen grafische Nachrichten in ein Handy einhacken würde, zusammengesetzt aus 160 Zeichen. Wo doch Sprache viel einfacher zu übertragen wäre.

Doch die Marketing-Strategen hatten die Rechnung ohne die Kreativität vor allem ihrer jungen KundInnen gemacht. Gesichter, Sprüche, Grafiken – alles wurde über den Äther geschubst. Und es war ja auch viel billiger als Telefonieren. Nun sind unsere werten Handy-Anbieter wie T-Mobile, D 2 oder E-plus jedoch kreativ genug, sich an die Marktlage anzupassen. Ihre Bilanzen sind derzeit in den roten Zahlen, weil Neukunden werben immer teurer wird und außerdem gigantische Abschreibungen aus der UMTS-Versteigerung noch Jahre nach unten ziehen. Also muss mehr Geld von den bestehenden Verträgen hereinkommen – dachte sich Großanbieter und Telekom-Tochter T-Mobile. Und gab vergangenes Wochenende bekannt, vom 1. Februar pro SMS „in allen Neukunden in allen Laufzeit-Tarifen grundsätzlich“ 19 Cent zu berechnen. Bisher konnten sie Telekom-intern für knapp 8 Cent verschickt werden. Andere Mobilfunker hatetn ähnliche Preismodelle.

Der Anstieg war satt. Und auch E-plus wollte noch dieses Frühjahr seine Tarife „anpassen“, darunter auch die SMS-Kosten. Ebenso einige kleinere und größere Anbieter, die ihre Leitungen von den großen Betreibern mieten. Entsprechend schnell schaukelte sich die Protestwelle hoch. Politiker aller Parteien entdeckten ihr Herz für die armen „Jugendlichen“, die derart in den Sims-Ruin getrieben würden. Selbst Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) protestierte öffentlich und drohte mit gesetzlichen Maßnahmen.

Ob die forsche Ministerin oder aber die Konkurrenz von D 2 Vodafone – die listigerweise bekanntgab, ihre Tarife unten zu lassen – den Umschwung bewirkte: Die Deutsche Telekom machte einen Rückzug. „Wir führen die neuen Tarife ein, aber die alten bleiben weiter gültig“, verkündete Vorstandschef Ron Sommer höchstpersönlich am Montag. Ab demnächst wird es Pakete aus hoher Grundgebühr und niedriger SMS geben sowie umgekehrt und dazwischen. Alles leicht zu durchschauen wie immer.

Besonders Gewitzte und Viel-SMSer gehen eh übers Internet. Dort kostet die SMS von 0 bis 19 Cent. Bei www.sms.de werbefrei und kostenlos, allerdings nicht mit allen 160 Zeichen. Und bei www.schnaeppchenjagd.de gab’s einen Test von SMS-Providern mit Werbung. Billig-Simsen bleibt.

REINER METZGER