piwik no script img

Kompromissvorschlag für Waller Fleet vorgestellt

■ Moderator Kudella hält Stichtagsregelung für möglich. Die Parzellenbewohner sollen billig bauen können

Im Konflikt um die Wohnnutzung im Gartengebiet Waller Fleet zeichnet sich eine Lösung ab. Der von der Stadt eingestzte Moderator Peter Kudella (CDU) stellte im Sanierungsbeirat, der auch als „Runder Tisch“ firmiert, gestern abend „Eckpunkte“ für eine Rahmenvereinbarung zwischen Bauverwaltung und BewohnerInnen vor. Danach könnte eine neue Stichtagsregelung den Übergang zu einem reinen Gartengebiet ohne Wohnnutzung regeln, im Amtsdeutsch „Bereinigung“ genannt. Kudella schlägt als Stichtag den 28. Mai 1974 vor: Wer vor diesem Tag eingezogen ist, könnte bis zum Lebensende bleiben, wer danach kam, müsste innerhalb einer Übergangsfrist sein Haus abreißen. An diesem Tag trat eine Dienstanweisung der Bauverwaltung in Kraft, das Wohnen nicht länger zu dulden. Da über die Weisung in der Presse ausfühlich berichtet worden sei, habe jeder Bewohner spätestens ab diesem Zeitpunkt wissen müssen, dass er gegen geltendes Recht verstößt.

Andererseits könnte der Stichtag vor dem Verwaltungsgericht bestehen, das die Stadt ermahnt hatte, bei der Bereinigung eine klare Linie zu finden, da sonst alle Abrissverfügungen auf wackligen Füßen stünden.

Kudellas Kompromissvorschlag enthält noch weitere Zuckerstückchen für die BewohnerInnen: So sollen alle auf ihren Parzellen bleiben dürfen, die am Tag des Abschlusses der Rahmenvereinbarung mit der Stadt mindestens 65 Jahre alt oder schwer krank sind, da ein Umzug für sie eine unzumutbare soziale Härte bedeuten würde.

All jene, die nach Abschluss der Vereinbarung ihre Häuser räumen müssen, soll die Stadt mit einem Pauschalbetrag bei den Abrisskosten unterstützen – am liebsten gestaffelt: Wer zuerst auszieht, bekommt am meis-ten Geld. Und auch an Alternativen hat Kudella schon gedacht: Der Bauverwaltung hat er ein Baugebiet am Hagenweg, ganz in der Nähe des Parzellengebiets, aus dem Kreuz geleiert. Dort sollen „Bereinigungsverdrängte“ auf Erbpachtgrundstücken günstig bauen dürfen.

Dass Kudellas Vorschlag sich durchsetzt, ist alles andere als sicher: Walter Polz von der Interessengemeinschaft der BewohnerInnen hat schon angekündigt, gegen einen Stichtag 1974 „vors Bundesverfassungsgericht“ zu gehen. Auch der Verein Gartenwohnkultur ist mit der Frist nicht einverstanden. Die Behörden hätten durch widersprüchliches Verhalten dazu beigetragen, dass der Eindruck entstanden sei, die Besiedelung der Waller Feldmark werde geduldet. Ihre kompromisslose Haltung habe die Bausenatorin erst im Jahr 2000 auf einer öffentlichen Beiratssitzung kundgetan, die folglich als Stichtag gelten solle.

Ob sich die Baubehörde auf Kudellas Vorschlag einlässt, ist ebenfalls ungewiss. Vertreter wollten dazu auf der gestrigen Beiratssitzung Stellung nehmen, die bei Redaktionsschluss noch nicht beendet war. jank

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen