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rück-sicht I

Anfang, Mitte, Ende

Benjamin Blümchen können viele Eltern von heute nur schwer ertragen. Trost finden manche darin, dass ihre eigenen Eltern seinerzeit Hanni und Nanni kaum ertragen konnten. Warum haben die Bücher von Astrid Lindgren niemals einen vergleichbaren Generationskonflikt heraufbeschworen?

Vielleicht, weil in ihren Büchern jedes Lebensalter seine Existenzberechtigung hat. Der Großvater in Bullerbü ist oft sehr, sehr müde und möchte eigentlich am liebsten in seinem Lehnstuhl schlafen. Geliebt wird er dennoch. Die Mutter von Thomas und Annika bringt ihren Kindern gute Umgangsformen bei und will nicht für deren ältere Schwester gehalten werden. Der Vater von Mio ist ein starker Beschützer, aber er kann (und will) seinen Sohn nicht am eigenen Kampf hindern. Obwohl der gefährlich ist.

Das Leben hat bei Astrid Lindgren einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Ihre Welt wäre kein humanerer Ort, wenn sie ausschließlich von Teenagern bevölkert wäre. Für die hat sie sich ohnehin nie besonders interessiert. Biografische Brüche waren ihre Sache nicht. Das Eindeutige lag ihr mehr als die Grauzonen. Das ist, so seltsam es klingt, weder illegitim noch notwendigerweise oberflächlich. Astrid Lindgren hat Kinderbücher geschrieben, deshalb spielen Kinder in ihrem Werk die Hauptrolle. Aber sie hat es niemals für nötig gehalten, deren Bedeutung durch Diskriminierung anderer Generationen zu steigern. Vielleicht sollten einige, die Jugend für einen Wert an sich halten, und manche, die Angst vor dem Alter haben, ihre Bücher noch einmal lesen. Sie sind gut fürs Selbstbewusstsein. Jeder Generation. BETTINA GAUS

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