: Auch PDS will bei Zuwanderung mitreden
Warnung an Schily: Bei faulem Kompromiss mit der Union keine Zustimmung der rot-roten Länder im Bundesrat
BERLIN taz ■ Otto Schily (SPD) muss bei den Verhandlungen über das Zuwanderungsgesetz mit neuen Schwierigkeiten rechnen. Neben der widerspenstigen Union und dem grünen Koalitionspartner will jetzt auch die PDS ein Wörtchen mitreden.
„Schily hat offensichtlich immer noch nicht begriffen, dass er auch mit der sozialistischen Opposition auf Augenhöhe verhandeln muss“, sagte PDS-Vize Petra Pau gestern der taz. Der Innenminister dürfe nicht vergessen, dass er im Bundesrat auch die Zustimmung eines der rot-rot regierten Bundesländer brauche.
Mecklenburg-Vorpommern oder Berlin würden das Gesetz stoppen, wenn Schily zu viele Zugeständnisse an die Union mache, betonte Pau: „Es gibt keinerlei Mandat, einem CDU/CSU-geprägten Gesetz zuzustimmen.“ Die PDS will vor allem weitere Verschärfungen im humanitären Bereich verhindern – und dabei notfalls konsequenter bleiben als die Grünen. „Diesen Eindruck habe ich in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen und auch bei den Vorgesprächen in Berlin“, sagte Pau.
In den bisherigen Konsensgesprächen des Innenministers spielte die PDS keine Rolle. Auch beim Zuwanderungsgespräch der Bundestagsfraktionen, das gestern Abend stattfand, waren die Sozialisten nicht geladen. CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach berichtete kurz nach dem Treffen, Schily habe Entgegenkommen in mehreren Punkten signalisiert. Es sei aber „alles im Unklaren“ geblieben, weil Schily seine Vorschläge nicht in schriftlicher Form vorgelegt habe. Soweit es Bosbach überblicken konnte, handelt es sich bei den angebotenen Zugeständnissen im Wesentlichen um die vier Forderungen der großen Koalition in Brandenburg. Insgesamt hatte die Union aber 16 Änderungswünsche angemeldet, die vor allem auf eine deutlichere Begrenzung der Zuwanderung abzielen. CSU-Innenexperte Wolfgang Zeitlmann hatte diese als „nicht verhandlungsfähig“ bezeichnet. Laut Bosbach soll es Mitte Februar ein weiteres Treffen geben.
Die für Freitag geplante Abstimmung im Bundestag wurde gestern auf unbestimmte Zeit verschoben. Damit ist auch die für den 1. März vorgesehene abschließende Beratung im Bundesrat nicht mehr zu halten.
Die SPD hofft weiter auf einen Kompromiss im Bundestag. Sollte der Einigungsversuch scheitern, werde versucht, „im Bundesrat einen Konsens herbeizuführen“, sagte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, glaubt schon jetzt: „Die Musik spielt im Bundesrat.“ Wichtigster Ansprechpartner sei dort die CDU-SPD-Koalition in Brandenburg. Deren Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) zeigte sich bisher nicht ganz so stur wie die Union im Bundestag. Doch ohne die PDS werde es nicht gehen, betonte Pau. Sie fordert, nun endlich an den Verhandlungen beteiligt zu werden. Damit das Gesetz nicht an der PDS scheitert, verlangt Pau „entweder offizielle Parteiengespräche oder offizielle Fraktionsgespräche“.
Dass die Entscheidungen erst einmal verschoben wurden, begrüßt die PDS-Politikerin: „In einem solchen Affentempo wie geplant kann ein solches Gesetz nicht verabschiedet werden.“
LUKAS WALLRAFF
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