Vorwurf: Antisemitismus

■ Gericht will Äußerungen des Schill-Fraktionsvorsitzenden Norbert Frühauf klären

Auch zwölf Jahre später will Rechtsanwältin Christiane Yüksel sich genau daran erinnern, was sie sich damals von einem Jura-Kommilitonen anhören musste: Er könne Hitler wegen der Juden verstehen, habe der in einem Seminar gesagt. Ihm werde „körperlich unwohl, wenn ein Türke vor mir und ein Pole hinter mir im Supermarkt steht“. Der damalige Student Norbert Frühauf ist mittlerweile Fraktionsvorsitzender der Schill-Partei in der Hamburgischen Bürgerschaft.

Frühauf leugnet, diese Äußerungen je getan zu haben – und will Yüksel gerichtlich untersagen lassen, ihm noch einmal antisemtitische und rassistische Bemerkungen nachzusagen. Gestern eröffnete das Landgericht den Prozess. Dass sie mit ihren Vorwürfen so spät in die Öffentlichkeit trat, begründet die Rechtsanwältin damit, dass sie zuvor keine Veranlassung dazu hatte. Damals hatte sie sich nach der Seminarstunde schriftlich bei ihrem Professor Karl-Albrecht Schachtschneider beschwert, dass der nach Frühaufs Äußerung nicht eingegriffen hatte. Der Professor habe sich bei seiner Studentin entschuldigt, einfach sprachlos gewesen zu sein – und darauf hingewirkt, dass auch Frühauf sich bei Yüksel entschuldigt habe.

Anschließend habe sie den rechten Kommilitonen nie mehr gesehen – bis sie wenige Tage vor der Wahl durch die Zeitung erfuhr, dass er künftig als Politiker die Geschi-cke der Stadt mitbestimmen wollte. Daraufhin informierte sie die Mopo. Wegen der Veröffentlichung zwei Tage vor der Wahl ist neben der Anwältin die Boulevardzeitung auf Unterlassung verklagt.

Auch Frühauf erinnert sich da-ran, im Seminar mit Yüksel aneinander geraten zu sein. Er habe „irgendetwas“ zu seiner Kommilitonin gesagt, die daraufhin „hysterisch den Raum verlassen hatte“. Nie aber habe er sich so geäußert, wie er jetzt zitiert worden sei. Das hat er schon in einer eidesstattlichen Versicherung dargelegt – weswegen die Staatsanwaltschaft strafrechtlich gegen den Parlamentarier ermittelt. Yüksels Schwager, der Rechtsprofessor Karl-Heinz Ziegler, hat Frühauf wegen „Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt“ angezeigt. 1989, nach dem Vorfall im Seminar, habe seine Schwägerin Yüksel ihm empört davon erzählt.

Das Landgericht wird jetzt damalige TeilnehmerInnen des Seminars als ZeugInnen befragen. Einige, darunter Professor Schachtschneider, haben eidestattlich erklärt, sich an rassistische Äußerungen Frühaufs nicht erinnern zu können. Eine ehemalige Kommilitonin hingegen will damals mit Yüksel aus Protest den Saal verlassen haben. Am 22. Februar wird die Zivilkammer ihre Entscheidung verkünden. Elke Spanner