Kein Einzelfall in Magdeburg

Nach Brandanschlag auf linkes Projekt verweist Polizei auf Anschlag gegen rechte Kneipe. Antifa-Szene vermutet, dass Nicht-Rechte eingeschüchtert werden sollen

MAGDEBURG taz ■ Eine knappe Woche nach dem Brandanschlag auf ein alternatives Café und Wohnprojekt in Magdeburg hat die Polizei noch immer keine Spur von den Tätern. In der Nacht von Sonntag auf Montag hatten Unbekannte zunächst mit einem Nothammer die Fensterfront des Café „Thiembuktu“ eingeschlagen und dann eine Flasche mit einem Brandbeschleuniger hinterhergeworfen.

Das Feuer zerstörte die Einrichtung des in Selbsthilfe ausgebauten Cafés vollständig. Auf rund 50.000 Euro schätzt der Trägerverein Wabe e. V., der das Projekt mit Unterstützung der DGB-Jugend vor eineinhalb Jahren eröffnete, den Sachschaden. „Wir sind froh, dass niemand durch das Feuer verletzt wurde,“ sagt Sabine H. (Name geändert), eine der Bewohnerinnen des Hauses. Denn direkt über den Caféräumen beginnt der Wohnbereich des Projekts, in dem ein Dutzend junge Erwachsene leben.

Die meisten Hausbewohner schliefen schon, als sie vom Klingeln der Nachbarn, die die Feuerwehr alarmiert hatten, geweckt wurden. „Da war alles schon voller Rauch“, sagt Sabine H. Zur Frage nach den Hintergründen des Anschlags schüttelt sie den Kopf. „Wir hatten keine Feinde in der Nachbarschaft“, sagt sie dann. Auch das Café sei „offen für alle“ gewesen. Zu dessen Angeboten für die Bewohner des Stadtteils zählte unter anderem eine Sozialhilfeberatung der Fachhochschule. Magdeburg-Buckau gilt als sozialer Brennpunkt.

Nun will Wabe e. V. das Café wieder aufbauen. Doch die Verunsicherung bleibt. In der Vergangenheit hatte es in Magdeburg mehrfach Angriffe von Rechtsextremisten auf Wohnungen von nicht-rechten Jugendlichen gegeben. Zuletzt wurden im Frühsommer 2000 zwei Jugendliche in ihrer Wohnung überfallen, weil sie als Gegendemonstranten bei einem Aufmarsch von Neonazis erkannt worden waren. Und im Januar 1998 wurde ein Besucher einer Punk-Wohngemeinschaft lebensgefährlich verletzt, als ein Dutzend Rechtsextremisten die Wohnung auf der Suche nach dem Bruder des 1997 von einem Rechten erstochenen 17-jährigen Punks Frank Böttcher stürmte.

Die Polizei sucht inzwischen nach drei Personen, die von Anwohnern beim Wegrennen beobachtet wurden. Es sei nicht „auszuschließen, dass jemand versucht, die Stimmung anzuheizen“, sagt Polizeipressesprecher Frank Kuessemer. Er verweist darauf, dass es in derselben Nacht auch in einem Lokal der rechten Szene in der Magdeburger Innenstadt gebrannt habe. In der Gaststätte „Zum Reinheitsgebot“ sei am frühen Morgen ein Schwelbrand entdeckt worden, der einen Sachschaden von 15.000 Euro verursachte. Die vom Kreisvorsitzenden der NPD Magdeburg betriebene Kneipe diente Neonazis aus Sachsen-Anhalt als Treffpunkt.

Als „absurd“ bezeichnet hingegen Sabine H. vom Wohnprojekt Wabe e. V. Spekulationen, es gebe einen Zusammenhang zwischen den Bränden. Mit derartigen Gerüchten solle „Stimmung gegen ein alternatives Jugendprojekt“ gemacht werden.

Ein Sprecher des Arbeitskreises Antifaschismus Magdeburg betont, dass es sich bei dem Brandanschlag auf das „Café Thiembuktu“ nicht um einen Einzelfall handelt, und verweist auf einen vergleichbaren Fall in Kiel Ende Dezember 2001. Darüber hinaus, so Philip Stein vom AK Antifaschismus, würden im Zusammenhang mit der bevorstehenden Gedenkfeier zum fünften Jahrestag des Todes von Frank Böttcher am 8. Februar in Magdeburg „wie schon in den vergangenen Jahren zum Todestag“ nicht-rechte Jugendliche vermehrt bedroht.

HEIKE KLEFFNER