: Mehr „Hair“ muss her
■ Handelskammer über Tourismus: mehr Events, mehr Marketing
23 Prozent weniger US-Amerikaner, sogar 24 Prozent weniger Schweden, insgesamt sank die Zahl der ausländischen Besucher in Bremen um satte 15,3 Prozent auf 108.000 – das sind die Touristik-Zahlen des Statistischen Landesamtes für die ersten zehn Monate des vergangenen Jahres. Auch wenn der Besucherschwund tatsächlich nicht dramatisch ist, weil das gute Expo-Jahr 2000 als Vergleich dient: Bremen braucht ein Positionspapier zum Tourismus – deshalb stellte die Handelskammer gestern eins vor.
Bis zu 18 Millionen Tagesbesucher und 900.000 Übernachtungen pro Jahr, 11.000 Jobs, die vom Tourismus abhängen (1997: 9.500): „Der Tourismus hat deutliches Entwicklungspotenzial“, sagte Handelskammer-Mann Torsten Slink bei der Vorstellung des Papiers. Im etwa gleichgroßen Nürnberg übernachten vier Besucher pro Jahr pro Einwohner, an der Weser nur halb so viel. Die „Marke“ Bremen müsse mit einem „Strauß von Angeboten“ ausgebaut werden.
Nun hat man die Hoffnung, dass der Eröffnungstermin für den Space Park eingehalten wird. Zum Glück gibt es Rathaus, Schlachte, Stadtmusikanten, Universum – oder der Rhododendronpark. „Sowas ist in Europa einmalig – aber wer weiß das schon?“, fragte Slink. Auch in Sachen „Bremen als Brücke zur Welt“ ließe sich mehr tun: Nicht nur Elvis, sondern auch Marlene Dietrich bestieg in den 30ern das Schiff gen USA in Bremerhaven. Pfunde, mit denen sich wuchern ließe, meint die Kammer. Auch mehr Geld für die europaweite Vermarktung von Großveranstaltungen täten not: Nicht nur Events wie die kommende Tischtennis-Europameisterschaft würden die Massen anziehen, auch die Hasenschau Ende vergangenen Jahres mit 25.000 Besuchern und noch mehr Rammlern war ein Publikumsmagnet.
Am attraktivsten sind sowieso die Besucher, die über Nacht in einem der 3.000 Bremer Gästebetten nächtigen. „Das Musical-Theater muss fortgeführt werden“, betonte deshalb Walter Messerknecht vom Handelskammer-Ausschuss Touristik. „Und zwar mit stabilem Betreiber und garantiertem Marketing.“ Da sei es „wichtig, dass im Haus am Richtweg ruchbare Ereignisse stattfinden“, sekundierte Handelskammer-Hauptsgeschäftsführer Matthias Fonger: „Schon bei Jekyll & Hyde hat es Übernachtungseffekte gegeben.“ Die leidvollen Bremer „Hair“-Erfahrungen geben Messerknecht und Fonger kaum Recht, die Umfragen schon: 35 Prozent der weiblichen und gut 20 Prozent der männlichen Bremen-Besucher nannten in einer Umfrage der Bremer Tourismus-Zentrale als Reisegrund das Musical, das damit weit vor Sport-, Kunst-, oder Musikveranstaltungen landete. Kai Schöneberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen