Lawrence Renes und „ein kleines Wunder“

■ Der neue GMD unterschrieb vor laufender Kamera seinen Vertrag: Fünf Jahre lang soll der 31-jährige Niederländer Lawrence Renes die „Bremer Philharmoniker“ dirigieren. Das Staatsorchester wird zur privaten GmbH

Es gab über neunzig Bewerbungen und ein einstimmiges Votum der Findungskommission – gestern haben der Kultursenator Kuno Böse und der 31 Jahre junge Dirigent Lawrence Renes einen Vertrag unterschrieben, mit dem sich der Niederländer, der bei Klassik-Liebhabern schon weltweit einen Ruf hat, für fünf Jahre als neuer Bremer Generalmusikdirektor (GMD) verpflichtet wird.

Überzeugt hatte der junge Mann in Bremen durch eine Aufführung ohne vorherige Probe von Mozarts „Don Giovanni“ und eine Probe der Ouvertüre von Mozarts „Figaro“. Und auch er ist überzeugt von den bremischen Perspektiven: „In diesem Theater gibt es eine positive Energie. Ich glaube, ich kann Bremen etwas bringen und Bremen mir“. Und: „Sehr wichtig für mich: Bremen ist eine total schöne Stadt“.

Die Verhandlungen hatten sich in die Länge gezogen, weil Renes auf die Besetzung der zehn vakanten Stellen insistierte, mit denen das Philharmonische Staatsorchester seine Sollstärke von 87,1 Musikern wieder erhalten soll. Jahrelang hat die Kulturbehörde das Orchester mit Versprechungen und Gesprächsverweigerungen hingehalten, und am Ende diese Wiederbesetzung an die Bedingung der Umstrukturierung des Orchesters gebunden. In der neuen Rechtsform der GmbH wird bei Neubesetzungen nicht mehr der Orchestertarifvertrag zur Grundlage gemacht. An der GmbH soll zudem das Theater mit 22 Prozent beteiligt werden, das für die Opern wichtiger „Auftraggeber“ für die Musiker ist. Das Orchester soll dann auch eine professionelle Geschäftsführung bekommen.

„Dieser Prozess wird im Sommer abgeschlossen sein“, so Senator Böse. Dass die neuen Stellen nur für ein Jahr und „vorbehaltlich der Haushaltslage“ ausgeschrieben sind, ist nach Aussage von Böse nur eine Formsache: „Auch an deren Arbeitsverträgen muss ja noch mit der Orchestergewerkschaft und dem Bühnenverein gearbeitet werden“. Geld, ca. 6 Millionen Euro, ist nun da für zehn neue Stellen und den Geschäftsführer des Orchesters, das dann „Bremer Philharmoniker GmbH“ heißt.

Lawrence Renes wurde 1970 geboren, machte nach seinem Violin- und Dirigierstudium am Sweelinck-Konservatorium in Amsterdam schnell eine aufsehenerregende Karriere, „aber ich suchte in den ganzen Jahren eine feste Beziehung“. Repertoirevorlieben hat er nicht, er liebt „jede gute Musik, von Rameau bis Rihm“. So hat er viele Spätromantiker dirigiert, Mahler, Bruckner und Richard Strauss, aber auch Duke Ellington. Sein Opern-Einstand in Bremen wird im September 2002 Giuseppe Verdis „Aida“ sein, sein Konzert-Einstand die neunte Sinfonie von Dimitri Schostakowitsch. Er wird pro Spielzeit drei Neuinszenierungen einstudieren, und darüber hinaus „so viel wie möglich Repertoire dirigieren“. Dazu kommen fünf bis sechs Doppelkonzerte der Philharmonischen Gesellschaft. „Ich werde natürlich auch mit den MusikerInnen über deren Wünsche sprechen“, verspricht er, und darüber hinaus ein deutliches Engagement für die pädagogische Arbeit: „Ich bin jung, und ich werde in Schulen gehen“.

Kuno Böse war ebenso glücklich wie Klaus Pierwoß, Renes als deutliches Zeichen dafür vorstellen zu können, wie in dieser Stadt die Kulturlandschaft verändert werden soll: „Kultur wird hier Standortfaktor“, versprach Böse, und Renes bestätigte, dass es „unglaublich“ sei, was hier in Bremen gelungen ist, wo doch in aller Welt Orchester abgebaut werden – „ein kleines Wunder“.

Und Klaus Pierwoß freut sich nach den ganzen Querelen mit dem scheidenden Generalmusikdirektor Günter Neuhold, der immerhin so maßgeblich zum jetzigen Niveau des Orchesters beigetragen hat, „auf eine bessere Zukunft“. Als 22-Prozent-Gesellschafter an der neuen Orchester-GmbH wird Pierwoß auch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben.

Ute Schalz-Laurenze