: Streit um Zuschlag für Zechbau
■ Neue Glasfronten sollen Bremens Bahnhofs-Vorstadt zum Büro-Zentrum aufwerten. Senat entschied überraschend und ohne weitere Begründung für Zechbau
Die Hamburger Architekten Bothe/Richter/Teherani (BRT) werden das Bild der Bremer City um den Bahnhof herum kräftig neu gestalten. Gestern wurden gleich zwei Entscheidungen bekannt gegeben: BRT ist Sieger in dem Architektenwettbewerb des Contrescarpe-Grundstückes (vgl. Seite 22), und nach einer Entscheidung des Senats soll die Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) den Bahnhofsvorplatz zügig verkaufen, damit dort nach einem Entwurf von Kai Richter aus dem Büro BRT gebaut werden kann.
Letztere Entscheidung sorgt aus einem anderen Grund für Wirbel: Bauherrin soll die Bietergemeinschaft Grosse/Zechbau werden. „Ausgesprochen verwunderlich“ findet zum Beispiel der Präsident der Bremer Architektenkammer, Wilfried Turk, diese überraschende Senats-Entscheidung. „Wenn der Senat das Interesse hätte, die um die Zechbau-Gruppe kursierenden Korruptionsgerüchte zu widerlegen, dann hätte er ein transparentes Verfahren gewählt“, sagt Turk. Der Wirtschaftssenator hatte die Entscheidung des Senats gestern auf der Senatspressekonferenz kurz mitgeteilt, allerdings ohne jegliche fachliche Begründung. Nachfragen wollte Josef Hattig dann nicht mehr beantworten. Turk: „Bremens Image in Richtung Bananenrepublik nimmt zu.“
Ähnlich scharf äußerte sich die Opposition. „Es ist unglaublich, dass das Investorengrundstück am Bahnhofsvorplatz ohne Ausschreibung den üblichen Verdächtigen in den Rachen geschmissen werden soll“, empört sich die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert: „Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.“
Die Grünen fordern – wie auch der Beirat Mitte – eine öffentliche Ausschreibung. Noch am Montag Abend auf der Beiratssitzung hatte Frank Flottau, bei der BIG für Immobilien zuständig und seit Jahren mit dem Bahnhofsgrundstück befasst, noch erklärt, es gebe viel Beratungsbedarf und keine Entscheidungsvorlage für den Senat.
„Interessanterweise wird in der Pressemitteilung über den Senatsbeschluss kein Kaufpreis erwähnt“, bemerkt die Grüne Linnert. Dies bestätigt der Sprecher der BIG. Über den Kaufpreis werde derzeit noch ein Gutachten des Katasteramtes erarbeitet. Vor Jahren hatte dieses Amt einen Grundstückswert von 25 Millionen Mark ermittelt. Das neue Gutachten soll bei 14 Millionen Mark landen. In seinen Verkaufspreisen ist das Land an die Gutachten gebunden.
Am vergangenen Donnerstag hatte die Hamburger Firma Tchibo, die als großer Mieter Interesse an Büroräumen am Bahnhof hatte, abgesagt. Bis dahin hatte sie für großen Zeitdruck gesorgt. Die Mieten auf dem Bahnhofsplatz seien zu teuer, hieß es inoffiziell zur Begründung. Offiziell wurde erklärt, Tchibo wollte nicht in die Schlagzeilen im Zusammenhang eines städtebaulichen Konfliktes geraten. Die BIG hatte öffentlich erklärt, derjenige Bieter würde den Zuschlag bekommen, der Tchibo als potenten Mieter unter Vertrag bekomme. Diese Rolle wollte der Kaffee-Konzern, zu dem auch die Bremer Eduscho-Marke gehört, nicht spielen.
Die Entscheidung für Grosse/Zechbau sei aus städtebaulichen Gründen gefallen, erklärte die BIG gestern. Das Modell von Kai Richter, so wird in Kreisen der Stadtplaner bestätigt, sei erheblich interessanter als das Gegenmodell, das der Bremer Planer Holger Gestering für die Walter-Bau gemacht hatte. Insbesondere die zwei „V“-Blöcke, die an der offenen Seite durch eine Glasfront abgeschlossen werden sollen, verspreche eine für kommerzielle Mieter interessante Gestaltung an dieser durch die Hochstraße eher hässlichen Ecke der Stadt. Klaus Wolschner
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