Sieben Jahre im öffentlichen Schatten

Der erste Erzbischof des neuen Bistums Hamburg, Ludwig Averkamp, wurde am Sonnabend in den Ruhestand verabschiedet  ■ Von Peter Ahrens

Großauftrieb zum Abschied: Am Samstag ging Erzbischof Ludwig Averkamp mit nun 75 Jahren in den Ruhestand – und von Bürgermeister Ole von Beust über den Vorsitzenden der Bischofskonfe-renz, Kardinal Lehmann, bis hin zu Ministerpräsidentin Heide Simonis gaben sich zum Abschied zahlreiche Prominente die Ehre. Sieben Jahre hat Averkamp das 1995 neu geschaffene Erzbistum geleitet – Impulse gingen in dieser Zeit von ihm jedoch kaum aus. Averkamp äußerte sich zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen kaum, in der Öffentlichkeit trat er wenig in Erscheinung, diese Bühne überließ er seinem Weihbischof Hans-Joachim Jaschke.

Vor allem die reformerischen Kräfte in der Katholischen Kirche sind von Averkamp eher enttäuscht. „Von dem, was wir fordern, haben wir nichts durchsetzen können“, sagt Andreas Biermann von der Bewegung „Wir sind Kirche“. Fragen wie die Einbindung von Frauen im Kirchenamt oder die Möglichkeit eines gemeinsamen ökumenischen Abendmahls habe man zwar in einem Gespräch mit Averkamp vor drei Jahren ansprechen können, „anschließend wurden sie aber nicht mehr diskutiert“. Biermann lobt den scheidenden Erzbischof zwar als „integren Menschen, der sich in seinem Amt sehr bemüht hat“, nach außen jedoch strahlte dies kaum. Er galt stets als Rom-treu, Konfliktbereitschaft gegenüber dem Vatikan war von ihm nicht zu erwarten.

Averkamp scheute stets den öffentlichen Auftritt, „er fühlt sich in der Öffentlichkeit nicht wohl, er ist eher ein frommer Mensch“, beschreibt ihn Biermann. Während Jaschke durch Talkshows tingelte und sich als die Stimme des Erzbistums verkaufte, verschwand der Erzbischof als präsente Person dahinter fast völlig. Jaschke und der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode werden denn auch als mögliche Nachfolger gehandelt.

Das Erzbistum, das Averkamp verwaltete, umfasst neben Hamburg auch Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Die knapp 400.000 KatholikInnen machen jedoch nur gut sieben Prozent der Bevölkerung aus. Das war auch stets das Problem des Erzbischofs: Selbst der Katholikentag im Jahr 2000 in Hamburg änderte nichts an dem relativ geringen Bekanntheitsgrad sowohl des Bistums als auch seines Vorstehers. „Der Katholikentag zeigte ein ganz falsches Bild. So bunt, wie sich die Kirche dort präsentierte, ist sie in Wirklichkeit nicht gewünscht“, sagt Tobias Schommer, ehemaliger Sprecher der Katholischen Hochschulgemeinde KHG.

Die KHG ist auf den Erzbischof auch deshalb nicht gut zu sprechen, weil er sie gegen ihren ausdrücklichen Willen aus ihren angestammten Räumen in der Rentzelstraße verlagerte (taz berichtete). „Genau in dem Moment, wo es auf ihn ankam, war er nicht da“, wirft Tobias Schommer Averkamp vor. Der Bischof feierte zwar kurz zuvor noch mit den Studierenden in deren Räumen einen Gottesdienst, für ihren Wunsch, in der Rentzelstraße bleiben zu dürfen, hatte er anschließend aber kein Ohr mehr: „Da war er nicht der Hirte, sondern nur die Macht“, kritisiert Schommer. Für Probleme schwuler Priester oder für die Sorgen ausgebrannter Seelsorger konnte Averkamp auch nur wenig Verständnis aufbringen.

„Wenn die Bischöfe sich nicht wirklich ums Kirchenvolk kümmern, wird die Führung sich gänzlich isolieren“, prophezeit Biermann. Und Schommer resümiert: „Hier wurde eine klare konservative Linie eingeschlagen“, damit sei Averkamp „nicht besser oder schlechter gewesen als andere“, beurteilt Biermann. Solange sich die Bischöfe dermaßen im starren Gehorsamkeitsprinzip gegenüber dem Papst bewegten, „wird ihnen irgendwann das Kreuz gebrochen“.