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Das gelbe Haus vom Schanzenpark

■ 50 Jahre Norwegenheim: Aus einer Kita wurde ein lebendiges Stadtteilkulturzentrum

Die Töne von Djembes durchdringen die Dunkelheit des Parks schon von weitem. Sanft beleuchten Lichtkugeln den Garten und das Gebäude. Wasser plätschert, der Duft eines Holzfeuers liegt in der Luft. So präsentiert sich das skandinavische Holzhaus an einem Feb-ruarabend in dieser kühlen Hansestadt. Hier tagt der Kerngebietsausschuss Eimsbüttel, die SPD trifft ihren Weihnachtsmann, die GAL diskutiert über ihre BürgerschaftskandidatInnen und die taz hamburg über eine Blattreform. Es wird gejazzt und getrommelt, gelernt und gefeiert. Der Besitzer ist das Bezirksamt, der Verein SternChance e.V. hat alles gemietet.

Als ein Geschenk der „Norwegischen Europahilfe“ zum Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg steht das Haus seit genau 50 Jahren für friedliche interkulturelle Beziehungen. Die Unterstützung reichte damals von Lebensmittelpaketen über Lehrwerkstätten bis zu Erholungsheimen, Kindertagesstätten und Schulen. So entstanden in Deutschland mehr als 50 Kinderheime.

Am 18. Februar 1952 war es im Schanzenpark so weit. Der ersten Senatorin Hamburgs, Paula Karpinski (SPD), wurde der Schlüssel für ein Kindertagesheim an der Sternschanze überreicht. Grundstück, Fundament und Installation hatte die Stadt Hamburg finanziert – das für 80 Kinder konzipierte Haus und die gesamte Inneneinrichtung waren von Norwegen gespendet. An der großzügigen Geste berührten die Hamburger damals besonders die Details. Schon vor dem Boom eines skandinavischen Möbelhauses aßen die 35 Kinder, die das Haus zunächst bezogen, an norwegischen Möbeln, die sich zu Autos und Eisenbahnen umbauen ließen, und schliefen in norwegischer karierter Bettwäsche. Für eine Hobelbank plus dazugehörigem Werkzeugkasten hatten zudem norwegische Kinder Geld gesammelt.

1994 vergrößerte sich die Kita, das Holzhaus wurde zu eng. Ein Anbau wurde nicht genehmigt, und die Kita zog aus. „Anfang der 90er Jahre kippte die Stimmung im Stadtteil. Es wurde schick, teuer und ausländerfeindlich“, sagt Anne Knaack, die Initiatorin von SternChance e.V. Der Verein nahm sich zum Ziel, das Gemeinschaftsgefühl im Stadtteil zu fördern, interkulturell und generationenübergreifend. Ein Kulturzentrum sollte entstehen. Möglichst große Räume plus Garten mussten gefunden werden. Das Norwegenheim im Schanzenpark schien die attraktivste Lösung. Doch im Frühjahr 1997 legten Brandstifter Feuer – das Holzhaus wurde fast völlig zerstört. Durch die Hartnäckigkeit von SternChance e.V. konnte es aber mit Geld der Stadtentwicklungsbehörde wieder aufgebaut werden.

Heute ist das knallgelbe Haus im Schanzenpark ein Stadtteilkulturzentrum, das versucht, „Jung und Alt, Arm und Reich, Schwarz und Weiß zusammenzubringen“, sagt Anne Knaack und ist nicht ganz glücklich mit der Formulierung. Das Angebot an festen Kursen reicht von afrikanischem Tanz über Kundalini-Yoga bis zu „Zeichmal“, einem Malkurs für Kinder. Der Alleinerziehendentreff und die Babymassage gehören zu den kostenlosen Angeboten. Das Projekt trägt sich durch das dazugehörige Café und Restaurant. Die Arbeitsplätze sind lohnsubventioniert.

„Wenn wir bis Mai überleben, ist alles gut“, hoffte Anne Knaack im Dezember 2000, sechs Monate nach der Einweihung des Kulturzentrums. Inzwischen ist sie rundum zufrieden. Lediglich im Winter mangele es noch etwas an Cafébesuchern. Den wirtschaftlichen Teil sieht sie dennoch optimistisch. Die Einbindung in den Stadtteil und die Zusammenarbeit mit Künstlern und Nutzern des Hauses sei ein ständiges Geben und Nehmen. Die Kommunikation und Überlieferung dieser Beziehungen an die Nachwachsenden innerhalb des Projekts sei allerdings ein Problem.

Das Jubiläum des Hauses soll jetzt ausgiebig gefeiert werden. Eine Woche lang treffen sich ehemalige Kinder, Erzieherinnen, Heimleiterinnen sowie alle, die SternChance bisher unterstützt haben, und alle, die vorbeischauen möchten. Ein Festakt erinnert heute an die Eröffnung.

Natascha Peleikis

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