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Zahnloser Tiger rettet keine Löffelente

■ Juristische Spitzfindigkeiten ums Mühlenberger Loch lassen am Recht zweifeln: Die Zerstörung geht weiter, obwohl der ökologische Ausgleich verboten wurde

„Hamburg schüttet das Recht zu“: Mit diesem Spruch werden die Gegner der Airbus-Werkserweiterung im Mühlenberger Loch und der Zerstörung des Alten Landes morgen ab 11 Uhr wieder auf dem Rathausmarkt demonstrieren. Der Senat und die Mehrheit der Bürgerschaft werden sich tot stellen und auf die verwinkelten Wege der Jus-tiz setzen. Und dem Laien bieten die rechtlichen Spitzfindigkeiten, die das Zuschütten des international geschützten Feuchtgebiets trotz des jüngsten Urteils des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Schleswig ermöglichen (taz berichtete am Freitag), reichlich Stoff zum Wundern.

Es begann mit der Anmeldung des Mühlenberger Lochs als Vogelschutz- und FFH-Gebiet bei der EU. In der Elbbucht rastet regelmäßig ein großer Teil aller lebenden Löffelenten, Krickenten und Zwergmöven. Sie ist Kinderstube der Elbfische und das letzte große Flachwasser und Wattgebiet der Süßwasser-Tideelbe. Wer nun erwartet, die Schutzgebietsmeldung bei der EU hätte der Erhaltung des Gebiets gedient, irrt: Sie sollte Rechtssicherheit für dessen Zuschüttung schaffen.

Denn nur für ein angemeldetes Gebiet konnte der Senat bei der EU-Kommission in Brüssel eine Ausnahmegenehmigung erwirken. Überdies hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in mehreren Fällen unwirsch darauf reagiert, dass Regierungen Areale nicht meldeten, die die Voraussetzungen eines Vogelschutzgebietes erfüllten.

So „vergaß“ Frankreich, das wertvolle Areal Basses Corbières als EU-Vogelschutzgebiet zu benennen. Der EuGH untersagte dessen Zerstörung im Dezember 2000 trotzdem. Als sich der Anwalt Rüdiger Nebelsieck, der die Gegner der Airbus-Erweiterung vertritt, auf das Urteil berufen wollte, schrieb ihm die EU-Kommission, dass der EuGH das Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie „lediglich auf solche Schutzgebiete für anwendbar erklärt hat, die entgegen ihrer Schutzwürdigkeit nicht im Sinne der Richtlinie gemeldet wurden“.

Bei der Ausnahme-Genehmigung für das Zuschütten des Mühlenberger Lochs argumentierte die EU-Kommission damit, dass der ökologische Schaden ausgeglichen werden könne. Desgleichen verwies die Wirtschaftsbehörde in ihrem Planfeststellungsbeschluss auf die Ausgleichsmaßnahmen auf Hahnöfersand und in der Haseldorfer Marsch. Wohlweislich wurden dafür eigene Planfeststellungsverfahren eingeleitet, deren Erfolg die Behörde für sicher erklärte.

Nachdem die „Aufwertung“ der Haseldorfer Marsch im Eilverfahren nun auch vom OVG Schleswig gestoppt wurde, kann diese Annahme als falsch gelten. Die Wirtschaftsbehörde müsste ihren Planfeststellungsbeschluss aufheben. Weil sie den Beschluss nicht nur gefasst, sondern auch beantragt hat, wird ihr Interesse an einer Aufhebung jedoch gering sein.

Die Behörde zur Aufhebung zu zwingen, ist dennoch schwierig. Denn der Senat hat die Airbus-Werkserweiterung bei der Änderung des Landesnaturschutzgesetzes vom Verbandsklagerecht ausgenommen. Ob die Einführung des Klagerechts für Umweltverbände im Bundesnaturschutzgesetz das rückwirkend ändern kann, ist strittig.

Anwalt Nebelsieck hofft deshalb auf die EU-Kommission. Falls diese nicht einschreitet, überlegt er, vor den EuGH zu ziehen: Erfolg fraglich. Gernot Knödler

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