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Emanzipation, einmal wöchentlich

Afghanistans erste Frauenzeitschrift bekämpft Analphabetentum und Chauvinismus, hat aber selbst Probleme genug

Das Blättchen sieht aus wie eine auf die Schnelle zusammengebastelte Flugschrift: schlechter Druck, fast unkenntliche Fotos, chaotisch zusammengeheftete Seiten. Die Redakteurinnen sind dennoch stolz auf ihr Produkt. Denn Ayena-e Zan, zu Deutsch Frau im Spiegel, ist Afghanistans erste Frauenzeitschrift.

Bislang erschienen sind eine Nullnummer und das Debütheft. Fortan soll das „Magazin für Bildung und Unterhaltung“ einmal wöchentlich am Kiosk ausliegen, ausschließlich mit Themen zur „Emanzipation der Frau“. Die Titel der bisherigen Beiträge sprechen für sich: „Die Rolle der Frau in der modernen Gesellschaft“, „Die Unterdrückung der Frau während der Taliban-Herrschaft“, „Wie wird der männliche Chauvinismus eingedämmt?“.

Neben anspruchsvollen Texten finden sich in Ayena-e Zan auch praktische Tipps zum Hochschulstudium für junge Frauen und mehrere Appelle an die Politiker, allen Mädchen des Landes den Besuch weitergehender Schulen zu gewähren. Ein Schwerpunkt ist außerdem der Kampf gegen den Analphabetismus. Für alle des Lesens und Schreibens Unkundigen findet sich eine erste Lesehilfe in Form von Bildern mit kurzen Buchstabenfolgen nebst Anmerkungen für Väter und Söhne, wie sie ihren Frauen, Müttern und Töchtern Lesen und Schreiben beibringen können.

Die Titelgeschichte ist der großen afghanischen Schriftstellerin Ayescha-e Durani gewidmet, deren Bücher unter der Herrschaft der Taliban öffentlich verbrannt wurden. Mit Zitaten und Gedichten wird der Literatin gehuldigt, deren Werke die „Hoffnungen und Forderungen der Frau nach Gleichberechtigung widerspiegeln“.

Die Patenschaft über das Zeitungsprojekt hat vorerst eine asiatische Menschenrechtsgruppe übernommen, doch schon drängen sich iranische und pakistanische Organisationen auf, die Ayena-e Zan einen stärkeren islamischen Touch geben wollen. Vor allem Teheraner Zeitungen boten dem Frauenblatt „schwesterliche Hilfe“ an, die iranische Botschaft in Kabul stiftete bereits eine kleine Bibliothek an islamischer Literatur. Die Redaktion steht schon jetzt vor großen Problemen. Es fehlt an einem landesweiten Vertriebsnetz und finanzieller Unabhängigkeit. Unzählige Frauenräte der verschiedensten politischen Gruppierungen nehmen sich bei allen Frauenaktivitäten ein Mitspracherecht heraus, selbst bei einer neuen Zeitschrift. Eine Zensurbehörde unter dem Namen „Kommissionen zur Koordinierung und Planung von Radio- und Fernsehsendungen“ führt sich gegenüber den wenigen Printmedien in Afghanistan bereits als Sittenwächter auf und lässt „inhaltslose Nachrichten“ verbieten. Vielleicht sind es gerade die ganzen Widrigkeiten, die dazu beitragen, dass das Team von Ayena-e Zan so stolz auf sein Blättchen ist. ROLAND HOFWILER

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