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Zwangsarbeiter für die SS

Oberstufenzentrum zeigt von Schülern erarbeitete Ausstellung über das KZ-Außenlager in Lichterfelde

„Die Ausstellung soll nicht anklagen, hat aber eine Botschaft: Sie wendet sich gegen Rassismus“, betont Werner Goldstein. Der Steglitzer Jude wurde mit jungen Jahren ins KZ-Außenlager Lichterfelde gebracht. Dessen Geschichte präsentiert seit gestern eine Ausstellung im Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung (OSZ) in Steglitz. Erstellt wurde sie von Schülern des OSZ zusammen mit der „Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde“.

Das Lager diente ab Juni 1942 bis zur Befreiung im April 1945 dem KZ Sachsenhausen als Außenlager. Dokumente belegen, dass zahlreiche Inhaftierte hier zu Tode gequält oder ins KZ Sachsenhausen gebracht wurden. „Bis zu 1.500 Häftlinge waren hier inhaftiert“, sagte Günter Thiede von der Initiative. „Sie arbeiteten vor allem für die SS und mussten in Zwangsarbeit zahlreiche Bauten für sie errichten.“ Davon profitierte nicht nur die ortsansässige Industrie, sondern ganz Berlin, schilderte Thiede. Auf Schautafeln sind Bilder mit hunderten von Häftlingen zu sehen, die täglich zur Zehlendorfer Spinnstofffabrik ziehen mussten, um dort unter unwürdigen Bedingungen zu schuften. „Sie waren also auch der Steglitzer und Zehlendorfer Bevölkerung sichtbar“, so Thiede.

Bei der Eröffnung der Ausstellung gedachten die Anwesenden insbesondere Wilhelm Nowacks, den man nach seiner versuchten Flucht am 10. Juni 1944 an einem Würgegalgen qualvoll sterben ließ. Damals sangen die Inhaftierten aus Protest das Lied der Moorsoldaten, erinnerte sich der 90-jährige Wolfgang Szepansky, ebenfalls KZ-Überlebender, der das Lied noch einmal vortrug.

Schulsenator Klaus Böger (SPD) betonte, dass politische Bildung in der Schule nicht verdrängt werden dürfe. Dazu gehöre auch das Wissen um den Nationalsozialismus. „Die Schüler haben mit dieser Ausstellung einen hohen und anspruchsvollen Auftrag erfüllt.“ Auf den aktuellen Stellenwert wies Goldstein hin: Erst vor drei Wochen, am 27. Januar, dem Tag der Befreiung Ausschwitz’, waren an einem Mahnmal niedergelegte Kränzeschon nach wenigen Stunden verschwunden. Eine Passantin fand einige hundert Meter weiter einen Schleifenrest. FELIX LEE

Ausstellung im OSZ Steglitz bis 18. Mai, 12 bis 15 Uhr, nur nach telefonischer Anmeldung unter 90 17 25 01

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