vorlauf
: Weißer Hai im Badesee

„Der Wannsee-Mörder“

(20.15 Uhr, SAT.1)

Eine Yacht schaukelt in einer lauen Sommernacht sanft vor sich hin, und zwei junge Menschen turnen in feuchter Badekleidung auf Deck herum. Das Wort „Sex“ ist noch nicht ausgesprochen, da werden sie schon durch eine geheimnisvolle Kraft an die Reling gelockt und vom See verschluckt. Denn jede Andeutung von Lust muss tödliche Folgen haben – so sieht es der Verhaltenskodex des klassisch amerikanischen Teen-Horrors vor, und daran haben sich die Drehbuchautoren von „Der Wannsee-Mörder“ gehalten.

Dieses rigide praktizierte Regelsystem mutet allerdings schon ein bisschen seltsam an. Zum einen werden inzwischen selbst in den US-Horror-Streifen sämtliche Handlungskodizes unterlaufen, um das abgebrühte Publikum noch schocken zu können. Zum anderen handelt es sich bei den Helden aus der Sat.1-Produktion um Studenten. Und die dürften das aufregende „erste Mal“ bereits lange hinter sich gelassen haben.

Filmtechnisch regieren in Deutschland eben die Spätzünder: Erst vor kurzem wurden in hiesigen TV-Produktionen nach „Scream“-Manier und mit Daily-Soap-Darstellern in Zeltlagern und Mädcheninternaten Schlachtfeste veranstaltet. Mit „Der Wannsee-Mörder“ kommt nun ein besonders konservativer Horror-Mix auf den Bildschirm – ein bisschen „Weißer Hai“, ein bisschen „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. Die Kamera nimmt gern eine bedrohliche Unterwasserperspektive ein, und der bescheidene Plot kreist um ein Verbrechen, das vor vielen Jahren am Ufer eines Segelclubs begangen wurde. Eine Autodesignstudentin auf Heimatvisite (Lavinia Wilson, „Julietta“) beschäftigt sich mit dem ungeklärten Fall, nachdem ein paar ihrer Freunde aus dem Segelvereinsheim ermordet worden sind.

Wer schon ein paar Filme des Genres gesehen hat, ahnt bald, wohin die Blutspur führt. Und auch die wenig einfallsreich inszenierte Abstrafung koksender und cabriofahrender Großbürgerkinder bringt kaum Spannung in die Handlung. Im Gegenteil: Ein bisschen weniger Genussfeindlichkeit hätte diesem puritanischen Horrortrauerspiel ganz gut getan.

CHRISTIAN BUSS