: Auch im Bundesrat kaum Chancen
Brandenburgs CDU-Innenminister Schönbohm stellt klar: Keine Zustimmung zum Zuwanderungsgesetz, wenn sich Union und Rot-Grün im Bundestag nicht einigen. Und von links droht auch die PDS – mit einer Blockade durch die rot-rot regierten Länder
von LUKAS WALLRAFF
Eine Einigung über das Zuwanderungsgesetz im Bundestag scheint so gut wie ausgeschlossen, nachdem die Union das für heute geplante „Sondierungsgespräch“ mit Innenminister Otto Schily (SPD) abgesagt hat. Um das Gesetz trotzdem noch in dieser Legislaturperiode durchzubringen, bliebe Schily als letzter Ausweg nur noch der Bundesrat. Doch auch in der Länderkammer ist keine Mehrheit in Sicht.
Die zenrale Figur im Zuwanderungspoker ist Brandenburgs Innenminister Jörg Schonbohm (CDU). Die vier Stimmen der großen Koalition in Potsdam würden Schily nach dem derzeitigen Stand reichen. Doch Schönbohm machte gestern noch einmal deutlich, dass er Rot-Grün nicht zu einer Mehrheit verhelfen werde. „Wenn es keine Einigung im Bundestag gibt, wird es auch keine Einigung im Bundesrat geben“, sagte Schönbohms Sprecherin der taz.
Schönbohm selbst erklärte nach einer Kabinettssitzung in Potsdam, die Grünen kämpften um ihr politisches Überleben und rückten offenbar nicht von ihren Positionen ab. Das sei aber erforderlich, um zu einer Einigung zu kommen. Die vier zentralen Forderungen der großen Koalition in Brandenburg entsprächen den 16 Forderungen der Union im Bundestag.
Während Schily an einigen dieser Punkte bereits Zugeständnisse in Aussicht gestellt hat, lehnen die Grünen die Forderungen der Union nach einer strikten „Begrenzung“ der Zuwanderung und Restriktionen im humanitären Bereich ab. Schönbohm schiebt die Verantwortung für ein Scheitern des Gesetzes deshalb schon jetzt auf die rot-grüne Koalition: Wenn sich die SPD nicht gegenüber den Grünen durchsetzen könne, werde es kein Gesetz geben.
Doch selbst für den theoretisch noch möglichen Fall, dass Schönbohm doch noch umfällt und aus der Ablehnungsfront der Union ausschert, wäre das Gesetz noch nicht gesichert. Denn Widerstand kommt auch von links. Auch die Zustimmung der PDS gebe es „nicht zum Nulltarif“, betonte gestern die stellvertretende PDS-Vorsitzende Petra Pau. Bleibe der Gesetzesentwurf in der derzeitigen Form bestehen, werde die PDS darauf bestehen, dass die rot-roten Koalitionen in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin im Bundesrat nicht zustimmen. Die PDS fordert allerdings genau das Gegenteil von dem, was die Union will: unter anderem einen Familiennachzug für alle Kinder bis zum Alter von 18 Jahren und die Anerkennung von nichtstaatlicher und geschlechtsspezifische Verfolgung als Fluchtgrund.
Das forderten gestern auch mehrere deutsche Flüchtlingsorganisationen. Pro-Asyl-Vertreter Karl Kopp erklärte, in der innerdeutschen Diskussion würden bei „diesem Reizthema die Schlachten von vorgestern geschlagen“. Er äußerte sich nach einem Treffen mit Vertretern von amnesty international, Wohlfahrtsverbänden, der Neuen Richtervereinigung, dem Deutschen Anwaltverein sowie dem Republikanischen Anwälteverein. Gemeinsam unterstützten sie das Bemühen der EU-Kommission, ein gemeinsames europäisches Asylsystem zu gründen. Die EU-Kommission schenke der Frage der nichtstaatlichen und geschlechtsspezifischen Verfolgung besondere Beachtung, erklärte Pro Asyl weiter.
Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission beantworte die Kernfrage, wer Flüchtling sei, eindeutig zu Gunsten der Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung. Mit Ausnahme von Frankreich und Deutschland erkennen demnach alle EU-Mitgliedsstaaten bereits an, dass Opfer nichtstaatlicher Verfolgung in den Anwendungsbereich der Genfer Flüchtlingskonvention fallen.
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