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Tierschutzprobleme in Kenia

betr.: „Streit um die Savanne“ (Wem gehört Afrikas Natur?), taz vom 19. 2. 02

Die Tatsache, dass rund die Hälfte aller Kenianer von weniger als einem Dollar pro Tag leben ist furchtbar, aber daran würde auch die Verkleinerung der Nationalparks in Kenia nichts ändern. Im Gegenteil: Der Tourismus ist die Hauptdevisenquelle des Landes, durch ihn werden 19 Prozent des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet. Deshalb ist auch die Äußerung, die durchschnittlichen Kenianer „haben kaum Vorteile durch den Tourismus“, absolut haarsträubend.

Wenn der kenianische Staat nicht so korrupt wäre und die Devisen wieder in den nationalökonomischen Prozess einliefen, hätten die Kenianer eine Menge Vorteile durch diese Branche. Kenia ist ein Beispiel dafür, wie lange eine korrupte Regierung eine einst gut laufende Wirtschaft und eine für Afrika vergleichsweise wohlhabende Bevölkerung in den finanziellen Ruin treiben kann. Die Folgen von Arbeitslosigkeit und Armut waren Korruption und eine Steigerung der Kriminalität, was dazu führte, dass sowohl Investoren als auch eben die Touristen fernblieben. Die Ernennung des Oppositionsführers Leakey zum Minister im Jahre 1999 mit dem Auftrag, die Korruption innerhalb der Regierung nicht nur aufzudecken, sondern auch zu ahnden, wurde im August 2000 mit einem Weltbankkredit in Höhe von 150 Millionen US-Dollar belohnt. Anfang dieses Jahres wurde Leakey – wie es im Artikel steht – gefeuert (sein Rausschmiss war begleitet von einer Verleumdungskampagne). Dass Staatspräsident Moi dafür keine Gründe nennt, ist nicht verwunderlich: Leakey hat seinen Zweck erfüllt und kann sich nun wieder den Tieren widmen …

Die im Artikel erwähnte Naturschutzbehörde KWS, deren Chef Leakey lange Zeit war, ist eine staatliche Einrichtung. Ihre Mitarbeiter sind demnach so genannte Beamte des kenianischen Staates. Wenn also der Wildschutz, wie der Artikel meint „in weißer Hand“ ist, ist dies wohl nicht auf die alten Kolonialherren, sondern vielmehr auf die Regierung zurückzuführen.

In der Tat war der Tierschutz noch nie sehr lukrativ: Tiere haben keine Lobby und sie zahlen nicht. Die Kämpfe, die hier ausgetragen werden, sind zäh, anstrengend, mühsam und in den seltensten Fällen erfolgreich, weshalb sich auch nur wenige hohe Regierungsbeamte finden, die bereit sind, solche Posten zu besetzen.

In den letzten Jahren jedoch – und das wird in Ihrem Artikel als Afrikanisierung bezeichnet – entdeckten die afrikanischen Staatsdiener den Tierschutz. In einem Land wie Kenia, das keine Rohstoffe besitzt, eine der letzten Geldeinnahmequellen. […] Es ist sehr einfach, den Sündenbock auszumachen, wenn das Schwarz/Weiß-Motiv immer noch in einem solchen Maße missbraucht wird. Wenn korrupte afrikanische Regierungen nicht mehr weiter wissen, wenn sie für ihre Misswirtschaft geradestehen müssen, sind im Zweifelsfalle „die Weißen“ bzw. die Kolonialisierung schuld – hier genügt ein Blick ins südliche Afrika. Dass Leakey in erster Linie Kenianer ist, wird dabei vergessen. Es geht um Menschen, die unterschiedliche Einstellungen bezüglich ihrer Rechenschaftspflicht und ihrer Verantwortung haben, und dies hat nichts mit der Hautfarbe zu tun.

Wer heutzutage das Tierschutzproblem in Kenia mit dem Schwarz/Weiß- bzw. Kolonialismus-Modell zu beschreiben sucht, ist entweder nicht informiert oder selbst ein Teil der Maschinerie geworden. SOPHIE KRATZ, Bonn

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