: Madagaskars Opposition spielt mit dem Umsturz
Nach vier Wochen Generalstreik droht Oppositionschef Ravalomanana, sich zum Präsidenten auszurufen. Wie reagiert die Regierung?
ANTANANARIVO taz ■ Marc Ravalomanana hat den Rubikon überschritten. Madagaskars Oppositionsführer will sich zum Präsidenten ausrufen, wie er am Mittwoch vor hunderttausenden von Anhängern ankündigte, die seit fast einem Monat für ihn streiken und demonstrieren. Der Druck seiner immer ungeduldigeren Anhänger hat Ravalomanana zu diesem Schritt bewogen, nachdem er „alle möglichen Mittel ohne Resultat ausgeschöpft hat“. Er begibt sich damit in eine gefährliche Situation, da er formaljuristisch zum Aufständischen wird. Der amtierende Präsident Didier Ratsiraka kann ihn unter dieser Anklage jederzeit festnehmen lassen.
Die Frage ist jetzt nur, wann Ravalomananas Proklamation erfolgt. Ursprünglich für heute vorgesehen, wurde sie gestern auf kommenden Dienstag verschoben. Offenbar sind hinter den Kulissen Verhandlungen mit der Regierung im Gange.
Entscheidend für den Ausgang des Konflikts wird die Haltung der Armee sein. In der Hauptstadt ist sie bisher strikt neutral, aber in der Provinz verübten Teile der Streitkräfte, die den örtlichen, Ratsiraka hörigen Gouverneuren unterstellt sind, bereits Ausschreitungen gegen Anhänger Ravalomananas. Sie zerstörten oppositionelle lokale Radiosender und verprügelten oppositionelle Journalisten. Als Antwort auf den Generalstreik in der Hauptstadt ließ Ratsiraka von seinen Parteigängern außerdem Barrikaden auf den beiden Hauptstraßen zur Küste errichten, um Antananarivo zu isolieren. Die Treibstoffvorräte der Hauptstadt gehen zur Neige.
Es besteht kein Zweifel darüber, dass Ravalomanana den ersten Wahlgang vom Dezember gewonnen hat – laut offizieller Wahlergebnisse mit 46 Prozent gegenüber 40 Prozent für Amtsinhaber Ratsiraka. Ravalomanana beansprucht jedoch die absolute Mehrheit und damit den Wahlsieg im ersten Durchgang. Er wirft der Regierung massiven Wahlbetrug vor. Dafür hat er Beweise, nämlich die Auszählungsprotokolle von rund drei Viertel aller Wahlbüros. Der Verfassungsgerichtshof, dessen Richter von Ratsiraka nominiert wurden, hat es jedoch abgelehnt, diese Beweismittel zu würdigen.
Diese Woche scheiterten Verhandlungen unter der Leitung der OAU. Eine Kommission beider Parteien sollte die Bedingungen für eine Stichwahl aushandeln, die die Regierung auf den 24. März gelegt hat. Unverzichtbar bleibt jedoch für Ravalomanana die Gegenüberstellung der verschiedenen Auszählungsprotokolle. Dies lehnt Ratsiraka ab.
THEO AULNIER
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