: Schluss mit Fischstäbchen
Greenpeace zeigt, welche Fischarten man essen soll und welche nicht. Die meisten Bestände sind überfischt. Erlaubt: Karpfen, Hering, Makrele, Biolachse und Bioforellen
HAMBURG taz ■ Mögen Sie Fische? Dann sollten Sie Ihren Speiseplan zusammenstreichen. Nach Recherchen von Greenpeace stehen die Bestände der meisten gängigen Speisefisch- und Meeresfrüchtearten vor dem Zusammenbruch. So seien von 120 europäischen Fischbeständen zwei Drittel überfischt oder stünden vor dem Kollaps. Die Umweltorganisation hat deshalb einen Einkaufsratgeber erarbeitet, mit dem Verbraucher Appetit und Gewissen gegeneinander abwiegen können.
Nach der Liste, die sich auf Angaben der Welternährungsorganisation (FAO) und der Bundesforschungsanstalt für Fischerei stützt, können unter den Seefischen lediglich die Makrele und der Hering ohne große Bedenken verzehrt werden. Ostseehering sei allerdings stark mit Schadstoffen belastet. Unter den Süßwasserfischen gilt allein der Verzehr von Karpfen als akzeptabel. Dazu kommen Regenbogenforellen, Bachforellen und Lachse aus Bioaquakulturen. So gängige Arten wie Sardinen, Miesmuscheln oder Tintenfische sollten dagegen zurzeit nicht gegessen werden. Tabu ist auch der Flussaal, der in Deutschland auf der roten Liste steht, der „drastisch überfischte“ Rotbarsch und der Kabeljau. Auch wenn es schwer fällt, sollten Eltern Alternativen zu Fischstäbchen finden, empfiehlt Greenpeace, denn sie enthalten oft Alaska-Seelachs, der zu den am häufigsten gefangenen Fischen gehört. In Deutschland hatte er 2000 mit 28,5 Prozent des Fanggewichts einen höheren Marktanteil als der Hering. Schillerlocken kommen nicht in Frage, weil der Dornhai, aus dem sie gemacht werden, nur alle zwei Jahre maximal 20 Junge zur Welt bringt. „Intensiver Fischerei ist die Art nicht gewachsen“, heißt es in der Liste, die kostenlos bei Greenpeace angefordert werden kann.
Aktueller Bestand und die Schäden, die durch ihren Fang entstehen, fließen bei jeder Art in die Bewertung ein. Besonders negativ ist der Beifang, den die Fischer wieder über Bord werfen. „Das ist totale Verschwendung“, ärgert sich Greenpeace-Expertin Astrid Haas. Zuchtfisch aus konventionellen Aquakulturen sei häufig keine Alternative, was dazu führt, dass der Verzehr von Goldbrasse und Wolfsbarsch (Loup de Mer) trotz stabiler Bestände als „kritisch“ eingestuft sind. Wie Lachse und Forellen werden sie mit Fischmehl aus der industriellen Fischerei gefüttert, die hierfür wiederum das Meer plündert.
Greenpeace hofft deshalb, dass die Bundesregierung noch in diesem Jahr ein Ökosiegel für Fisch einführt. Die Kriterien des Marine Stewartship Council (MSC) zur Förderung einer nachhaltigen Fischerei, in dem Vertreter der Fischwirtschaft und Umweltverbände zusammenarbeiten, gehen Haas zufolge zwar „in die richtige Richtung“, sie reichten aber nicht aus. Greenpeace fordert eine Bewirtschaftung der Fischbestände nach dem Vorsorgeprinzip: Beschränkungen und Kontrollen müssten greifen, bevor ein Bestand überfischt sei. Die Fangkapazität müsse verkleinert werden. Beifänge seien zu minimieren. Und es müssten Schutzgebiete eingerichtet werden. Greenpeace-Experte Thomas Henningsen lobte die EU-Kommission und Verbraucherministerin Renate Künast (Bündnis 90/Grüne) dafür, dass sie sich für ein nachhaltige Fischerei einsetzen. Dennoch habe die Fischereilobby Fangquoten durchsetzen können, die „zum weiteren Niedergang der europäischen Fischerei führen werden“. GERNOT KNÖDLER
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