Von der Forschung zur Praxis

An der Universität Oldenburg wird seit den 70er-Jahren an der Nutzung erneuerbarer Energiequellen geforscht. Im Umfeld entstanden etliche Ingenieurbüros. Sie setzen die Ergebnisse in die Praxis um

„Da werden sich die Windparkbetreiber morgen aber freuen!“ Mit einem Blick auf seinen Computer kann Detlev Heinemann von der Universität Oldenburg ablesen, welche Leistung ein bestimmter Windpark in den folgenden Tagen vermutlich erzeugen wird. Grundlage dieser Energiewettervorhersage ist ein Modell, das an der Uni Oldenburg in mehreren Forschungsprojekten in den letzten fünf Jahren entwickelt wurde. Die Informationen, die dieses Windleistungsprognosesystem mit dem Namen Previento liefert, lassen sich vielseitig verwenden; zum Beispiel bei großen Energieversorgern, die den Strom aus den Windenergieanlagen in ihr Netz aufnehmen. Dort kann die Regelung der konventionellen Kraftwerke an die erwartete Windleistung angeglichen werden. „Wenn man weiß, dass die Windparks am nächsten Tag volle Leistung bringen, kann entsprechend Kohlekraftwerkskapazität abgeschaltet werden“, so Heinemann. Ohne dieses Wissen müssten die Kraftwerke Stand-by bleiben, um bei Abflauen des Windes wieder mehr Energie zu erzeugen. „Damit spart man Brennstoff und vermeidet auch CO2-Emissionen.“

Mit dem stürmischen Ausbau der Windenergienutzung wird der Einsatz von intelligenten Verfahren immer wichtiger. Previento ist ein typisches Produkt des Forschungsschwerpunktes Energiemeteorologie an der Universität Oldenburg, der im Fachbereich Physik in der Abteilung Energie- und Halbleiterforschung angesiedelt ist. Hier wird bereits seit den 70er-Jahren kontinuierlich an der Nutzung erneuerbarer Energiequellen geforscht und entwickelt. Dabei liegt ein Augenmerk stets auch auf der praktischen Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse.

So sind im Umfeld der Universität zahlreiche Ingenieurbüros entstanden, die von den Forschungen der Wissenschaft profitieren und diese in vermarktbare Produkte umsetzen. Beispielsweise wird das Windleistungsprognosesystem Previento jetzt von der Firma Overspeed für den Endkunden tauglich gemacht. Die Kooperation mit der Universität ist eine optimale Kombination. Dort werden innovative Ideen produziert, und das Unternehmen hat das Know-how, um sie auf den Kunden zugeschnitten weiter zu entwickeln und letztlich an andere Windenergieanwender weiterzugeben. Die Universität profitiert durch den Praxisbezug und über Lizenzgebühren.

Haupttätigkeitsfeld dieses Start-ups ist neben der Windvorhersage die Entwicklung eines Überwachungs- und Managementsystems für Windparks. „Auch dort können wir von der Zusammenarbeit mit der Universität profitieren. Dadurch ist es möglich, unseren Kunden innovative Produkte und Lösungen anzubieten, die wir in dem Umfang im eigenen Hause nicht entwickeln könnten“, stellt Thomas Pahlke, Geschäftsführer von Overspeed, fest. Beispielsweise sollte ein modernes Windparkmanagement nicht nur registrieren, wie viel Energie ein Windpark im letzten Monat geliefert hat, sondern man muss auch einschätzen können, ob der Park im Vergleich zum Wetter im entsprechenden Zeitraum gut oder eher schlecht funktionierte.

Durch den Einsatz von meteorologischem Wissen und physikalischen Modellen lässt sich heute für jede einzelne Anlage eines Windparks feststellen, ob sie die Versprechungen des Herstellers erfüllt. So lässt sich in enger Kooperation der Energieertrag steigern.

Eine Gruppe von Spin-off Firmen im Umfeld der Universität haben sich in der Oldenburger „Planungsgemeinschaft Energie und Umwelt“ zusammengeschlossen, um eine enge Kooperation verschiedener Fachrichtungen zu gewährleisten. Direkt am Kunden sitzt dabei die Firma Projekt GmbH. „Die Zusammenarbeit mit der Universität und innerhalb der Planungsgemeinschaft ist für uns ein echter Glücksfall. Dadurch können wir sicher sein, dass wir für unsere Kunden immer die modernsten und besten Verfahren bei der Planung einsetzen, damit das wirtschaftliche Risiko möglichst gering bleibt“, so Ubbo de Witt von der Projekt GmbH, die im Verlauf der letzten Jahre Windparks mit einer Gesamtleistung von 300 MW geplant und entwickelt hat.

Besonders spannend wird dies bei der Planung von Offshore-Windparks mit den anvisierten Größen von mehreren hundert Megawatt pro Park in sehr unfreundlichen Umgebungen. Auch dabei wird man auf die Kooperation mit der Universität setzen, die den Bereich Offshore-Windenergienutzung ausbauen will. HANS-PETER WALDL

Der Autor war Wissenschaftler an der Uni Oldenburg und ist einer der Geschäftsführer bei Overspeed GmbH & Co. KG. Kontakt: H.-P. Waldl,Tel. (04 41) 9 61 70-33,igor@overspeed.de.