: Ohrfeige für Rexrodt
FDP bestätigt ihren Landesvorsitzenden erst im zweiten Wahlgang. Als Berliner Spitzenkandidat für die Bundestagswahl ist er hingegen willkommen
Mit einer deftigen Schlappe für ihren Landesvorsitzenden startete die FDP am Wochenende in ihren Parteitag. Erst im zweiten Wahlgang wurde Günter Rexrodt im Amt bestätigt. Im ersten Durchgang hatte er mit 160 Stimmen überraschend die notwendige absolute Mehrheit verfehlt. Sein bis dahin weitgehend unbekannter Gegenkandidat, der Rechtsanwalt Peter Landauer, hatte 150 Stimmen erhalten. Die erzielte er zwar auch im zweiten Durchgang, diesmal votierten aber 184 Delegierte für Rexrodt.
Zwischen den Wahlgängen kam es zu tumultartigen Szenen, die an frühere Flügelkämpfe innerhalb der Berliner FDP mit dem nationalkonservativen Flügel erinnerten. Dabei warfen Rexrodt-Gegner dem Vorstand Manipulation vor, da wegen falsch ausgezählter Stimmen im ersten Wahlgang eine begonnene Stichwahl annulliert wurde.
Rexrodt sprach nach seiner Wahl von einer „Ohrfeige“. Es gebe „viele Interessen in der Partei“. Offenbar werde einem „überlegen erscheinenden Vorsitzenden gerne eine mitgegeben“, sagte Rexrodt. Kritik an seiner Arbeit habe er nicht gehört.
Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister führt die Berliner Liberalen seit Februar 2000. Dank der Bankenaffäre und der daraus folgenden Krise der CDU war es ihm als Spitzenkandidaten gelungen, seine Partei bei den Abgeordnetenhauswahlen von zuletzt 2,2 auf 9,9 Prozent der Wählerstimmen zu hieven. Nach dem Scheitern der Verhandlungen für eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen hatte er sein Abgeordnetenhausmandat jedoch niedergelegt. Daraufhin war ihm mehrfach vorgeworfen worden, die Fraktion im Stich gelassen zu haben.
Vor den Delegierten verteidigte Rexrodt nochmals seinen Rückzug aus dem Abgeordnetenhaus. Er habe vor der Wahl angekündigt, im Falle der Opposition sich auf den Bundestag zu konzentrieren. Hierfür erhielt er dann am Sonntag auch die breite Unterstützung seiner Partei. Die Delegierten wählten ihn mit 78 Prozent zum Berliner Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl am 22. September. Für ihn sei das klare Wahlergebnis eine Bestätigung nach dem Rückschlag am Freitag, sagte Rexrodt. „Das Ergebnis war Balsam und Red Bull zugleich.“
Auf Platz zwei der Landesliste wurde Rexrodts Stellvertreter Markus Lönitz gewählt. Er setzte sich in einer Stichwahl gegen Hellmut Könighaus durch, der im anschließenden Wahlgang auf den dritten Platz gewählt wurde. Es gelten aber nur die ersten beiden Plätze als aussichtsreich. DPA/TAZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen