: Die grün-weiße Krankheit
■ Doch nur Mittelmaß: Der SV Werder patzt beim 0:1 daheim gegen den HSV und verabschiedet sich damit endgültig aus der Spitzengruppe der Bundesliga
Das war's dann wohl. In den letzten Minuten gaben die Grün-Weißen noch mal alles, berannten das HSV-Tor, flankten hoch in den überbevölkerten Strafraum, weil vielleicht doch noch was geht – es ging aber nichts mehr.
0:1 gegen einen gruselig schwachen HSV, der Blütentraum vom Wiederaufstieg in Rehhagel'sche Erfolgsdimensionen ist aus, mehr als Mittelmaß ist nicht drin. Werder landet unsanft da, wo die Mannschaft wohl auch hingehört: im tabellarischen Niemandsland. Das war's dann, und die Hamburger dürfen sich freuen, dass sie nicht in die gefährlich nahe Abstiegszone abgerutscht sind. Wo sie eigentlich hingehören.
Aber was heißt schon „eigentlich“. Eigentlich war Werder am Sonntag die eindeutig bessere Mannschaft. Eigentlich hätte der HSV im Weserstadion untergehen, eigentlich hätte Werder das Spiel gewinnen müssen. Sind sie aber nicht, haben sie aber nicht. Und das aus eigener Blödheit. Oder, netter formuliert, wegen der grün-weißen Krankheit, die seit der Winterpause grassiert: Spiel um Spiel erarbeiten sich die Kicker um Lisztes und Frings beste Torchancen, Spiel um Spiel bleiben diese Chancen großzügig ungenutzt, Spiel um Spiel geht in die Grütze. „Wir haben uns wieder mal selbst geschlagen“, ärgerte sich hernach Trainer Thomas Schaaf. „Wir dürfen uns nicht beschweren.“
Denn so dusselig wie gewohnt hatte sich seine Truppe angestellt: mehrfach Ailton, auch Bode, Frings zwei-, dreimal, Listes, der eingewechselte Klasnic hätten einlochen können, ach was, müssen. Nun gut, Krstajic war verletzt, Wehlage gesperrt, die Ersatzleute Banovic und Magnin an den Außenbahnen entweder zu pomadig oder überfordert – doch derlei Personalfragen wollte Schaaf gar nicht hören. „Es lag allein an uns“, war sein Resümee. Und ganz falsch lag er damit nicht. Zumal auch die Hamburger nicht alle Fachkräfte gesund im Einsatz hatten. Schon nach acht Minuten hatte Barbarez rechter Oberschenkel so bös' gezwackt, dass der Bosnier vom Platz musste. Ob's mit ihm bei den Gästen besser gelaufen wäre? Ohne ihn lief's auf jeden Fall gar nicht gut.
Eine zerfahrene erste Halbzeit lang konnten diese Hamburger noch mithalten, doch von geordnetem Spiel war wenig zu sehen. Schon gar nicht nach dem Pausentee. Kämpferisch waren die Hamburger voll da, die Defensive stand ganz passabel, aber spielerisch war mit den Gästen eben wenig los. Vor allem Albertz, der nach langer Verletzungspause zum ersten Mal in diesem Jahr wieder mittun durfte, war mit kreativen Aufgaben weitgehend überfordert. „Wir waren sehr diszipliniert“, war dann auch das euphorischste Kompliment, das sich HSV-Trainer Kurt Jara abringen konnte.
So konnten sich die Hamburger bei den beiden Besten auf dem Platz bedanken: bei Martin Pieckenhagen und bei Victor Skripnik. HSV-Keeper Pieckenhagen machte die allerfeinsten Bremer Chancen mit unglaublichen Paraden zunichte. Und mangels sonstiger spielerischer Qualitäten der Gäste sorgte dann eben ein Bremer für das einzige Tor des Tages. Ein gutes Viertelstündchen vor Ultimo rutschte dem ansonsten tadellos agierenden Bremer ein harmloser hoher Ball in Richtung Werder-Tor derart unglücklich über die Glatze, dass HSV-Stürmer Romeo keine Mühe hatte, den ansonsten weitgehend beschäftigungslosen Rost zu überwinden.
Das war's dann wohl mit dem Traum vom internationalen Geschäft. Denn am Ende der Saison warten Schalke, Bayern, Leverkusen und Dortmund. Platz sieben. Zu mehr reicht's wohl nicht. Vielleicht können sie's wenigstens halten. Jochen Grabler
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