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Die Demokratie ist in Gefahr

Europarat warnt vor wachsendem Einfluss rechtsradikaler Parteien und Skinheadgewalt

STOCKHOLM taz ■ Die Demokratie in Europa ist in Gefahr. So lautet die Warnung eines noch nicht veröffentlichten Rapports des Europarats. In Westeuropa ist es der wachsende Einfluss fremdenfeindlicher Parteien, in Osteuropa die anwachsende Skinheadbewegung, die ein ExpertInnenkomitee zu diesem alarmierenden Resümee geführt haben. Über den Rapport mit dem Titel „Extremist threats to democracy“ berichtete die Kopenhagener Tageszeitung Information, der das Papier nach eigenen Angaben vorliegt, nun vorab.

Einer der Mitverfasser dieses Rapports, Dr. Nils Muiznieks, US-Amerikaner und Direktor des zum Netzwerk der „Helsinki Federation for Human Rights“ gehörenden lettischen „Zentrums für Menschenrechte und Ethnische Studien“ in Riga, bekräftigt diese Informationen. Skinheadgruppen seien in vielen osteuropäischen Staaten, vor allem aber in Russland auf dem Vormarsch. Die Basis dafür seien wirtschaftliche Probleme und Zukunftsangst. Nachdem zunächst vor allem Roma und jüdische MitbürgerInnen Ziele der Skinheadgewalt gewesen seien, richte sich diese immer mehr gegen AusländerInnen überhaupt. Muiznieks fürchtet, dass die nahezu alltäglichen gewaltsamen Übergriffe von Skinheads „die demokratische Stabilität und fundamentale Werte wie den Gleichheitsgedanken unterminieren“.

In Westeuropa sei es die institutionelle Politik, die dem Europarat Sorgen mache. In immer mehr Ländern sitzen, so Muiznieks, „politische Parteien, die sich durch Fremdenfeindlichkeit als zentrale politische Aussage“ auszeichneten, in Parlamenten und Regierungen. Sie würden von einer Bevölkerung unterstützt, die „von Furcht vor der Zukunft geprägt ist“. „Es ist verblüffend, wie politisch erfolgreich diese Rechtsaußenparteien in Westeuropa in so kurzer Zeit waren. Viel mehr als in Osteuropa.“

Mehrere der Parteien, die im letzten Bericht des Europarats zur Lage der Demokratie in Europa – der vor zwei Jahren zeitgleich mit Haiders Einzug in die österreichische Regierung erschienen war – als Gefahr für die Demokratie genannt worden waren, hätten Regierungsverantwortung oder indirekten Regierungseinfluss: in Italien, Belgien, Dänemark und Norwegen. Muiznieks meint, dass bisherige Strategien gegenüber rechtsextremistischen Strömungen zu ineffektiv gewesen seien: „Recht und Justiz können die Antidiskriminierungsgesetzgebung effektiver machen. Auch internationale Konventionen müssen in direkt geltendes Recht überführt werden.“ Vor allem müsse aber verstärkt auf den Ausbildungssektor gesetzt werden. In Ost-, aber auch in vielen Ländern Mitteleuropas gehe hier die Entwicklung in die falsche Richtung. Im Bildungsbereich werde gespart, staatliche Unterstützung für Forschungsinstitute gestrichen. Muiznieks: „Gerade viele, die bislang noch in vorderster Linie gegen den Rechtsextremismus gekämpft haben, laufen Gefahr, dass ihnen der ökonomische Teppich unter den Füßen weggezogen wird.“ REINHARD WOLFF

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