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Nightmare on Schunkelstreet

■ Der Prog-Rocker Ron Anderson hat kein Erbarmen mit Takten

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit den oftmals unliebsamen Einflüssen der Adoleszenz umzugehen. Ron Anderson, Jahrgang 59, hat sie für sich produktiv gemacht: In den frühen 70er-Jahren kam jeden Morgen Pink Floyd im Radio, sein älterer Bruder spielte zu Led Zeppelin Luftgitarre und es gab Partys, auf denen man zu Aerosmith knutschte. 1975, als 16-Jähriger, hatte Anderson die Nase voll von den Cream-Coverversionen seiner Band und beschloss, dass freie Improvisation entschieden kühler sei. Das brachte der Band keine Auftritte, ihm aber eine neue Band: Mit Rat At Rat R begann Anderson um 1980 in Philadelphia, seine Prog-Rock-Sozialisation zu verarbeiten.

Dabei gab es einen wichtigen Aspekt, der Anderson von vielen Punk-Musikern unterschied: Es ist nicht prinzipiell bürgerlich, sein Instrument spielen zu können. Anderson will Präzision, und er will Elektrizität. Er will eine Band, die in Rekordgeschwindigkeit einen doppelten Rittberger im 7/8-Takt spielt und am Ende gleichzeitig auf einer Briefmarke landet.

Diese Band waren für Anderson die Molecules, mit denen er sich den größten Teil der Neunziger daran abarbeitete, dem Prog-Rock die Energie von Punk und Free-Jazz einzuimpfen. Ein Ziel, dass er seither nicht mehr aus den Augen verloren hat.

Die Schwierigkeit dabei: Ron Anderson hat in den letzten zehn Jahren die Bands wie die Wohnorte gewechselt – häufig und weiträumig. Ein Jahr wohnte er in der Schweiz, dann wieder in Berkeley oder New York.

Morgen spielt Anderson mit seinem neuen Quartett Pak in Bremen. Und dabei wird auch die Vorband nichts übrig haben für gerade Rhythmen: Das Oh!-Trio aus North Carolina fühlt sich den Ideen freier Musik eines Derek Bailey verpflichtet. Harte Zeiten für notorische Mitwipper. Gregor Kessler

Freitag, 1.3., ab 21 Uhr im JH in der Friesenstraße

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