: Ermittlerin und Selbstdarstellerin
Frankreichs umstrittene Elf-Untersuchungsrichterin Eva Joly wird Korruptionsbekämpferin in Norwegen
Ermittlungen gegen mehrere Exminister, einen Expräsidenten des Verfassungsgerichtes und gegen zahlreiche Exchefs großer Staatsunternehmen machten die 58-jährige Eva Joly in Paris bekannt. Ihr Medientalent kam dazu: Bei ihren Hausdurchsuchungen bei Prominenten standen oft TV-Teams vor der Tür, aus ihren Verhören erschienen anderntags nicht selten absatzlange wörtliche Zitate in bestimmten Medien. Vor zwei Jahren schrieb sie dann noch zwei Bücher über sich selbst: eines für den französischen Markt, ein anderes für den norwegischen. Das französische betitelte sie „Unser aller Affäre“, das norwegische: „Die Korruptionsjägerin“.
Am Donnerstag kündigte Medienstar Joly an, sie werde Frankreich verlassen. Sie tat das in Oslo, im Beisein des norwegischen Justizministers. Er hat sie für drei Jahre dafür engagiert, international gegen Korruption zu kämpfen.
Joly, die vor knapp 40 Jahren als Au-pair-Mädchen nach Paris kam und dort den Sohn ihrer Arbeitgeber ehelichte, kehrt damit in ihr Heimatland zurück. Seit längerem schon pendelte sie zwischen den beiden Ländern hin und her. Sie wisse nicht, schrieb sie in ihrem in Frankreich erschienenen Buch, ob es ein Land gebe, in dem der „Mensch näher an den Göttern“ sei als in Norwegen. Dann nahm sie mehrere prominente Ämter in ihrem Heimatland an. Wurde Vorstandsmitglied eines humanitären Hilfsvereins und stieg in den Aufsichtsrat der größten Tageszeitung des Landes, VG, ein.
Vor allem der Job bei VG trug ihr in Paris Kritik ein. Wie überhaupt Joly in Frankreich jede Menge KritikerInnen hat. Die meisten ihrer KollegInnen sind der Ansicht, dass UntersuchungsrichterInnen keine Medienstars sein, sondern akribische Arbeit im Hintergrund machen sollten. Vorgeworfen werden Joly in Frankreich auch ihre Verhör- und Ermittlungsmethoden. In den meisten Fällen belastet sie ihre Opfer zunächst stark. Am Ende müssen viele von ihnen freigesprochen werden.
In den letzten sieben Jahren konzentrierten sich ihre Ermittlungen auf die Elf-Affäre. In die Tiefen des Dossiers ist sie dabei freilich nicht vorgestoßen. Statt die Wege zu erkunden, mit denen Frankreich offenbar Rüstungsgeschäfte mit Taiwan schmierte, konzentrierte sich Joly auf Nebenaspekte wie die Frage, wer die teuren Schuhe von Exaußenminister Dumas bezahlt hat und welche möglicherweise korrumpierenden Geschenke er von seiner Mätresse erhielt. Bei den politisch heiklen Fragen ihrer Elf-Ermittlungen stieß sie immer wieder an den Stempel „Staatsgeheimnis“. Dass sie an diesem Punkt nicht weiterkam, gehört zu der Schwäche ihrer Elf-Ermittlungen.
Das Elf-Dossier liegt nun allein in den Händen des Ermittlungsrichters Renaud Van Ruymbeke. Zwischen ihm und Joly war die Atmosphäre zuletzt so vergiftet, dass die beiden „nicht mehr miteinander sprachen“, schrieb gestern der Figaro.
Doch Joly hinterlässt nicht nur GegnerInnen. Ihre wütenden öffentlichen Auftritte, bei denen ihr norwegischer Akzent besonders auffiel, bei denen sie mehr Gehör, mehr Mittel und größere Büros für den „Finanz“-Pool verlangte, haben viele beeindruckt. Erfolg hatte sie damit auch. Vor wenigen Jahren erst zog der Finanzpool aus seinen winzigen Büro im Justizpalast in ein großzügiges Büro bei den Boulevards um. DOROTHEA HAHN
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