: Vieles ist komplizierter
Steuersenkungsgesetz (1): Zum Januar 2002 wurden wichtige Steueränderungen wirksam. Aktionäre können vom Halbeinkünfteverfahren profitieren. Gewinne nur zur Hälfte steuerpflichtig
von SIMONE WEIDNER
Europatauglich soll es sein – das neue Steuerrecht. Für Anleger ist ab 2002 erst mal vieles komplizierter. Das Vollanrechnungsverfahren für die Körperschaftsteuer ist abgeschafft. Deutsche Aktiengesellschaften ziehen von den Dividenden vor der Ausschüttung 25 Prozent Körperschaftsteuer ab. Diesen Abzug konnten sich Sparer bisher beim Finanzamt anrechnen lassen. Die Regelung fällt ersatzlos weg. Auch erteilte Freistellungsaufträge sorgen nicht mehr für die Gutschrift der Körperschaftsteuer. Gleichzeitig führte der Bundesfinanzminister das Halbeinkünfteverfahren ein. Neuerdings sind die Gewinne aus privatem Aktienhandel nur noch zur Hälfte steuerpflichtig. Wer in deutsche Aktien investiert, erhält ab 1. Januar 2002 die Hälfte der Dividende steuerfrei. Gleiches gilt für den Kursgewinn, den Aktionäre aus dem Verkauf von Aktien erzielen. Allerdings werden auch die Verluste nur zu 50 Prozent anerkannt. Ebenso können per Einzelabrechnung nachgewiesene Werbungskosten im Zusammenhang mit Spekulationsgeschäften, zum Beispiel Depotgebühren, Kosten für eine Anlageberatung oder Fachliteratur, nur zur Hälfte angesetzt werden. Wenn Anleger die Pauschale für Werbungskosten in Höhe von 51 Euro für Alleinstehende (102 Euro für Ehepaare) in Anspruch nehmen, ändert sich dagegen nichts. Die Pauschale bleibt in voller Höhe erhalten. Für ausländische Aktien gilt das Halbeinkünfteverfahren schon seit Januar 2001.
Für viele Werte aus dem Euro Stoxx, Dow Jones und Nikkei wird Quellensteuer fällig. Die Quellensteuer darf weiterhin mit der verminderten Steuerschuld in Deutschland verrechnet oder alternativ als Werbungskosten angesetzt werden. Allerdings berücksichtigt das Finanzamt diese Steuer nur bis zur Höhe des eigenen Grenzsteuersatzes.
Knifflig wird die Steuererklärung in diesem Jahr für Aktionäre, die Dividenden sowohl aus ausländischen als auch aus inländischen Aktien mitgenommen haben. Für deutsche Aktien rechnen sie die im Jahre 2001 ausgezahlten Dividenden nach dem alten System ab. Auf Antrag verrechnet das Finanzamt auch noch die Körperschaftsteuer. Stimmen das Kalenderjahr und das Geschäftsjahr des Unternehmens nicht überein, gilt das Halbeinkünfteverfahren erst für das Wirtschaftsjahr 2001/2002. Gebeutelte Anleger, die an der Talfahrt der Börsen beteiligt waren und im Jahre 2001 mit Dax und Nemax mehr Verlust als Gewinn kassierten, haben die einmalige Gelegenheit, das Finanzamt doppelt an ihren Verlusten zu beteiligen. Sie verrechnen die Kursverluste in voller Höhe mit dem halben steuerpflichtigen Spekulationsgewinn im Jahr 2002.
Jedenfalls dann, wenn die Verlustpapiere weniger als ein Jahr im Depot lagerten, noch im Jahre 2001 verkauft wurden, um sie in das Steuerjahr 2002 vortragen zu können, und im selben Jahr keine steuerpflichtigen Gewinne anzurechnen sind.
Sparerfreibetrag
Steuerfrei sind und bleiben Kapitaleinnahmen nach Ablauf der zwölfmonatigen Spekulationsfrist bis zum Freibetrag in Höhe von 1.550 Euro für Alleinstehende (3.100 Euro für Ehepaare) zuzüglich 51 Euro (102 Euro) Werbungskostenpauschale. Dieses steuerfreie Limit gilt für alle Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften, wie Spekulationsgewinne im korrekten Steuerdeutsch heißen, zusammen. Wer innerhalb eines Jahres vom Zeitpunkt der Anschaffung an seine Wertpapiere verkauft, darf aber nur einen Gewinn bis 512 Euro steuerfrei kassieren. Ab 513 Euro ist der gesamte Gewinn steuerpflichtig. Für Ehepaare sieht das Steuerrecht keine Verdoppelung der Freigrenze vor, jedoch kann jede Person diesen Betrag in Anspruch nehmen.
Steuererklärung 2001
Wie viel Verlust oder Gewinn ein börsennotiertes Papier bringt, errechnet sich wie folgt: Verkaufspreis minus Kaufpreis minus Werbungskosten = Gewinn/Verlust. Das Finanzamt addiert alle im selben Jahr erzielten Spekulationsgewinne und summiert auf der anderen Seite die Verluste. Anleger tragen in die Steuererklärung für das Jahr 2001 diese Beträge in die Anlage SO, Zeilen 42–50 ein.
In die Anlage KAP gehören die zu versteuernden Dividenden in- und ausländischer Aktiengesellschaften, wenn die Freibeträge ausgeschöpft sind. Wurde Kapitalertragsteuer gezahlt, weil beispielsweise kein Freistellungsauftrag oder keine Nichtveranlagungsbescheinigung vorlag, muss die Anlage KAP auf jeden Fall abgegeben werden, um die Steuer zurückzuholen. 25 Prozent Kapitalertragsteuer plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag führt die Depotbank von der Gutschrift für das Jahr 2001 direkt an das Finanzamt ab. Ab 2002 beträgt die Kapitalertragsteuer 20 Prozent.
Den zweiten Teil zu den steuerlichen Neuerungen für Anleger lesen Sie am nächsten Montag.
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