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Digitale Kontrolle

■ Alle Sozialhilfe-EmpfängerInnen werden per Datenabgleich überprüft

Wie erst gestern bekannt wurde, hat Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) bereits im Dezember die digitale Überprüfung der rund 115.000 SozialhilfeempfängerInnen in Hamburg angeordnet. „Das läuft alles automatisch. Wir vergleichen die Daten mit denen des Verbands der deutschen Rentenversicherungsträger“, berichtet Behördensprecherin Anika Wichert: „Dort sind alle 325 Euro-Jobs gemeldet.“

Auch über Einkünfte aus Unfallversicherungen oder Arbeitlosengeld wissen die Rentenversicherungsträger Bescheid. Wichert: „Wenn dort zusätzliche Einkommen vermeldet sind, gucken wir, ob dies auch beim Sozialamt bekannt ist.“ Ziel der Großabfrage der Behörde sei, eine Bestandsaufnahme zu machen, wie viele DoppelbezieherInnen von Sozialhilfe es gibt. Die Behördensprecherin sagt: „Dann müssen wir nicht mehr spekulieren, ob es den Sozialhilfeempfänger gibt, der mit dem Ferrari vorfährt.“ In vielen Fällen seien Doppelbezüge aber auch in Ordnung, weil es sich um ergänzende Sozialhilfe handele.

Amtsvorgängerin Karin Roth (SPD) hatte in einem Modellversuch von 1998 bis 2001 im Bereich Veddel-Rothenburgsort schon einmal einen Datenabgleich vorgenommen. Die Ergebnisse dieser Kontrollen, so Wichert, seien aber „wenig aussagekräftig“ gewesen. Sollten beim neuen Datenabgleich Personen auffallen, werden sie, laut Wichert, „zum Gespräch vorgeladen“ und notfalls auch deren Arbeitgeber kontaktiert. Die Rentenversicherungsträger selber würden aus Datenschutzgründen nicht davon erfahren.

„Ich würde gern wissen, was beim Roth-Modell herausgekommen ist“, sagt die GAL-Sozialpolitikerin Dorothee Freudenberg, die davor warnt, SozialhilfeempfängerInnen „primär mit Misstrauen zu begegnen“. Eine Überprüfung sei „legitim“, sie müsse aber „datenschutzrechtlich sauber“ sein. Auch müsse man darauf achten, dass die ohnehin überlasteten MitarbeiterInnen in Sozialämtern nicht „mit Kontrollaufgaben so in Beschlag genommen werden, dass für Beratung keine Zeit mehr bleibt“.

Kaija Kutter

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