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Ein Bischof beugt sich

Limburgs Bischof Kamphaus wollte „möglichst vielen Kindern das Leben retten“. Also blieb er bei der Schwangerenkonfliktberatung. Damit ist Schluss

von NICOLE JANZ

Dass er die schlechte Nachricht ausgerechnet am Frauentag verkünden musste – dafür kann der Limburger Bischof Franz Kamphaus wohl nichts. Am Donnerstag hatte er einen Brief vom Papst erhalten, der lange überfällig gewesen war: Kamphaus muss aus der Schwangerenkonfliktberatung aussteigen.

Sichtlich bewegt, mit zitternden Händen, saß der 70-Jährige, der monatelang jedes Interview zu dem Thema verweigert hatte, an einem kleinen Tisch vor Journalisten. Er sei wegen einer Grippe angeschlagen und habe am Morgen schon Nasenbluten gehabt. Mitgenommen hatte ihn nicht nur die Grippe. Der Papst habe verfügt, dass in seinen Beratungsstellen keine Scheine mehr ausgestellt werden dürfen, so Kamphaus. In dem Papstbrief hieß es: „Lieber Bruder, ich respektiere Ihren inneren Konflikt, aber das Ergebnis, zu dem Sie gelangt sind, kann ich nicht teilen. Im Hinblick auf die Klarheit und Geschlossenheit des Zeugnisses der katholischen Kirche in Deutschland für das Leben verfüge ich, … dass die Diözese Limburg … aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung aussteigt und damit in den katholischen Beratungsstellen keine Scheine mehr ausgestellt werden.“ Weihbischof Gerhard Pieschl soll diese Verfügung durchführen. „Das schmerzt mich sehr und macht mich traurig“, sagte Kamphaus. „Aber ich respektiere die Entscheidung des Papstes.“

Er hatte als einziger katholischer Bischof in Deutschland gegen den Wunsch von Johannes Paul II. an der gesetzlichen Konfliktberatung festgehalten und Frauen weiter Bestätigungsscheine ausgestellt, die für einen Abbruch nachgewiesen werden müssen. Die Frist für ihn war Ende 2001 abgelaufen.

Dann machte es Kamphaus spannend. Denn die Frage war: Tritt er wegen der Entscheidung des Papstes zurück oder nicht? Schließlich war das Thema für ihn immer eine Gewissensfrage gewesen. Da zeigte sich der Mann als Schlitzohr. „Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich gern einmal einfacher Pfarrer wäre. Nie bin ich dazu gekommen“, holte er aus. Dann kam die Pointe: „Aber das kann ich nicht tun.“ Also kein Rücktritt. Er hätte es sich leicht machen können, als Märtyrer, aber er habe nie der Held sein wollen oder der Rebell, so der Bischof. „Ich wollte immer nur möglichst vielen Kindern das Leben retten.“ Er gab dem Papst die volle Verantwortung für die Entscheidung und deren Folgen. Das mache es ihm leichter, die Entscheidung mit seinem Gewissen zu vereinbaren und die Entscheidung zu akzeptieren.

Weihbischof Gerhard Pieschl, der den Ausstieg aus der Schwangerschaftskonfliktberatung organisieren soll, beeilte sich, Loyalität zu Kamphaus zu zeigen, und dankte ihm dafür, dass er im Amt bleibe. Pieschl hatte schon immer einen Ausstieg aus der Konfliktberatung befürwortet. Er wolle so schnell wie möglich die Umstellung vorbereiten. Damit folge er seinem Wahlspruch: „non rescuso laborem – ich drücke mich nicht“.

Kardinal Karl Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, freut sich, dass nun die Spaltung der Konferenz ein Ende hat. Hier komme ein langer schwieriger Prozess zu einem Abschluss.

Die kirchlich orientierte Laienorganisation Donum Vitae, die überall dort Beratungsstellen mit Scheinvergabe eröffnet hatte, wo die Kirche ausgestiegen war, zeigte sich „tief enttäuscht“. Die Organisation will ihr Beratungsnetz nun auf das Bistum Limburg ausweiten. „Wir werden versuchen, jetzt im Bistum Limburg Stellen zu eröffnen und die Lücke der Kirche zu füllen“, sagte die Bundesvorsitzende Rita Waschbüsch.

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