Simbabwes Wähler lassen nicht locker

Gericht zwingt Regierung zu einem dritten Wahltag. Regierung beschränkt das auf zwei Hochburgen der Opposition

JOHANNESBURG taz ■ In der Armensiedlung Mbare in der Nähe von Simbabwes Hauptstadt Harare wartet Gideon Duncan erneut in einer Menschenschlange auf den Gang zur Wahlurne. Der arbeitslose 25-Jährige hatte den ganzen Sonntag vergeblich angestanden. Erst als seine Schwester ihm gestern Früh von der zusätzlichen Öffnung der Wahllokale für einen außerplanmäßigen dritten Wahltag erzählte, machte er sich wieder auf den Weg. „Aber andere sind zur Arbeit gegangen oder waren zu ausgehungert und sonnenverbrannt vom Vortag“, sagt der junge Mann.

Simbabwes Präsidentenwahlen enden, wie sie begonnen hatten: in Chaos und Verwirrung um Recht und Unrecht bei der Stimmabgabe. Per Gerichtsurteil erreichte die Oppositionspartei „Bewegung für Demokratischen Wandel“ (MDC) am Sonntagabend eine Verlängerung der zunächst auf zwei Tage angesetzten Wahlen landesweit. Die MDC war mittags vor Gericht gezogen, um zumindest in ihren Hochburgen in Harare und dem 30 Kilometer außerhalb der Hauptstadt gelegenen Township Chitungwiza Wählern die Stimmabgabe zu ermöglichen. Nachdem Justizangestellte und Anwälte sich auf einem Rundflug von scheinbar endlosen Warteschlangen vor den Wahllokalen am Abend überzeugt hatten, urteilte das Gericht zugunsten der Opposition – und darüber hinaus: Für alle Wähler im Land gab es einen Extra-Wahltag.

Die Regierung folgte dem Gerichtsurteil aber gestern nur bedingt. Laut Douglas Nikayaramba, hauptverantwortlicher Wahlbeamter der staatlichen Wahlkommission, wurden die Wahlen außerhalb von Harare und Chitungwiza bereits am Sonntag beendet. Daher blieben Wahllokale in anderen Bezirken am gestrigen dritten Tag geschlossen.

Auch in Harare und Chitungwiza herrschte vielerorts völlige Unklarheit, und es kam zu Verzögerungen. Erst gegen gestern Mittag waren alle Wahllokale offen. „Die Mehrheit der Lokale war um sieben Uhr Früh noch geschlossen“, so MDC-Justizsprecher David Coltart. „Manche öffneten und schlossen dann kurzzeitig wieder.“ Anweisungen der Wahlkommission sickerten nur langsam durch. MDC-Führer Morgan Tsvangirai sprach von einer „tot geborenen Wahl“. Tsvangirai, der sich unter freien Bedingungen gute Siegeschancen gegen Simbabwes Präsident Robert Mugabe ausrechnet, hatte der Regierung vorgeworfen, die Wahllokale in den Städten bewusst reduziert zu haben, um Oppositionsanhängern das Wählen schwer zu machen.

Aber vereinzelt kam es sogar nach dem Gerichtsurteil vom Sonntag zu Zwischenfällen. Vor der Wahlstation in Glen Norah in Harare trieb die Polizei etwa 2.500 anstehende Wähler in die Flucht und schloss das Wahllokal. Das „Forum für Menschenrechte“ in Simbabwe berichtet von zahlreichen Angriffen auf MDC-Wahlbeobachter. Zwischen Freitag und Sonntagabend gab es Verletzte und mindestens 58 Verhaftungen, darunter mehrheitlich Oppositionelle und elf weiße Farmer.

Gestern wurde MDC-Generalsekretär Welshman Ncube bei der Wahlbeobachtung im südwestlichen Landesteil verhaftet. Gegen ihn sowie gegen Tsvangirai besteht der Regierungsvorwurf des Hochverrats aufgrund eines angeblich geplanten Attentats gegen Mugabe. Vier US-amerikanische Diplomaten, darunter zwei Wahlbeobachter, sind ebenfalls gestern in der nordwestlichen Stadt Chinhoyi festgehalten. Die US-Regierung drohte daraufhin, die bestehenden Sanktionen gegen Simbabwe auszuweiten.

Der Leiter der südafrikanischen Wahlbeobachtermission, Sam Motsuenyane, zeigte sich dennoch zufrieden. Doch die Mission ist angeblich gespalten, und andere Beobachter waren schockiert über das offen gezeigte einschüchternde Verhalten von Regierungsanhängern.

Die staatliche Wahlkommission erklärte, an den ersten beiden Wahltagen hätten 2,7 Millionen der 5,6 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Trotz Schlägen, Drohungen und irritierenden Wahlumständen sind Simbabwes Wähler entschlossen. „Es lohnt sich zu warten“, sagte der 33-jährige Didho Manyika in Chitungwiza. „Es ist ermüdender, immer für den gleichen Mann in 22 Jahren zu wählen. Alle wollen hier, dass Tsvangirai gewinnt.“

MARTINA SCHWIKOWSKI