: Weg vom Schwarz-Weiß-Denken
■ Polizei-Gewerkschaft löst neue Diskussion um Legalierung von Haschisch aus
Starker Tobak aus Polizeikreisen: Der Bundesvizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und GdP-Landeschef Niedersachsens, Bernhard Witthaut, sorgt mit seinem Vorschlag nach einer „Teillegalisierung für weiche Drogen“ sowie einer freien Abgabe von Can-nabis-Produkten für Aufsehen. „Wir müssen endlich mit den Schwarz-weiß-Denken aufhören“, sagt Witthaut zur taz. „Wir müssen uns mit einer Droge auseinandersetzen, die längst akzeptiert ist.“
Anlass seines Vorstoßes ist der Beginn des Pilotprojektes Heroinabgabe an Schwerstabhängige unter ärztlicher Kontrolle, an der neben Hamburg unter anderem auch die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover teilnimmt. „Da liegt es nur auf der Hand, auch mal den Umgang mit weichen Drogen zu überdenken“, meint Witthaut und denkt an seine KollegInnen. „Wir sind nach dem Betäubungsmittelgesetz verpflichtet, nach dem Legalitätsprinzip jeden Verstoß zu verfolgen, wissen aber genau, dass die Staatsanwaltschaft die meisten Verfahren wegen Geringfügigkeit einstellt.“ Das trifft auch für Hamburg zu, wie Staatanwaltschafts-sprecher Rüdiger Bagger bestätigt. „Nach einer internen Richtlinie wird bei Cannabisbesitz in der Menge bis zu einer Streichholzschachtel von einer Strafverfolgung abgesehen“ erklärt er, „das ist schon seit zehn Jahren Praxis.“ Für Witthaut sind dennoch Veränderungen in der offiziellen Drogenpolitik angesagt: „Jeder, der meint einen Joint zu brauchen, soll ihn legal in einer Apotheke erwerben können“, fordert er.
Der Legalisierungs-Vorschlag als solches ist nicht neu, doch für eine Polizeigewerkschaft bislang tabu: „Wir müssen einfach darüber nachdenken, ob der Weg, den wir vertreten haben, noch der Richtige ist.“ Doch an der bisherigen Praxis möchte Witthaus' Hamburger Kollege, GdP-Bundeschef Konrad Freiberg, auf jeden Fall festhalten. „Der Vorschlag ist ernst zu nehmen, aber unsere Position ist die alte – gegen Legalisierung,“ gibt er sich als Hardliner: „Das ist für mich derzeit kein Thema.“
Doch es gibt auch moderatere Töne von Freiberg zum Thema Drogen: „Ich habe Angst, dass das Pilotprojekt Heroinabgabe in Hamburg scheitert, weil überall bei der Drogenhilfe gekürzt wird.“ Nur allein mit Repression sei das Problem nicht in den Griff zu bekommen.
Zustimmung für die Witthaus-Initiative kommt von Rainer Schmidt von der Drogenhilfe „Palette“. „Man wird feststellen, dass der Weg zur Legalisierung anderer Drogen dann nicht mehr weit ist“, sagt Schmidt und erinnert, dass schon einmal Polizeipräsidenten großer deutscher Städte die staatlich kontrollierte Abgabe von Heroin verlangt haben.
Die Abgabe von Cannabis in Apotheken hält Schmidt indes für „albern“. „Niemand würde auf die Idee kommen, Bier in der Apotheke zu verkaufen“, sagt er. Die Legalisierung wünscht sich Schmidt auch für Kokain und Heroin. „Wenn die Abgabe harter Drogen legalisiert wird, führt das nicht automatisch zu einem Anstieg des Konsums“, ist Schmidt überzeugt.
Kai von Appen
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