piwik no script img

Dicke Mogelpackung

■ Bremens Innensenator kritisiert Gesetzespläne zu Sexualstraftätern

Als „Mogelpackung“ kritisiert Bremens Innensenator Kuno Böse (CDU) gestern den rot-grünen Gesetzentwurf zur nachträglichen Sicherungsverwahrung von Sexualstraftätern. „Die Regelung der Bundesregierung greift viel zu kurz“, sagte Böse gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zu dem vom Kabinett verabschiedeten Entwurf. Danach sollen Gerichte künftig unter bestimmten Voraussetzungen während der Haftzeit die Sicherheitsverwahrung von Sexualstraftätern anordnen dürfen.

Der von Bremen und Brandenburg initiierte und weiter reichende Bundesratsbeschluss vom Sommer vergangenen Jahres bleibe in der Sache aber unerfüllt, bemängelte Böse. Die Bundesregierung sehe nur die Einführung einer „Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt“ vor. Demnach können Gerichte bei der Verurteilung einen Vorbehalt aussprechen, wonach es über eine Sicherungsverwahrung nach Verbüßung der Strafhaft erst später entscheiden kann.

„Da der Vorbehalt schon bei der Verurteilung ausgesprochen werden muss, werden Altfälle von der Regelung nicht erfasst“, sagte Böse. Dies wirke sich besonders gravierend aus, da es bei diesen Delikten um eher langzeitige Haftstrafen gehe. Der Vorschlag gehe am Kernproblem vorbei: „Die nachträgliche Sicherungsverwahrung soll gerade „Irrtumsfälle“ erfassen, in denen die Gefährlichkeit des Straftäters zunächst verkannt und erst im Laufe des Strafvollzugs offenbar wurde.“

Die Vorbehaltslösung kann nach Ansicht des Innensenators nur in „Zweifelsfällen“ wirksam werden, in denen sich zumindest Anhaltspunkte für die Gefährlichkeit bereits im Strafprozess zeigen. „Bei dieser Lösung bliebe die Mehrzahl der betroffenen Sexualstraftäter weiterhin unbehelligt“, glaubt Böse. Andernfalls müssten Gerichte flächendeckend Vorbehalte aussprechen.

dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen